Industriefleisch zur Warnung mit Nadeln gespickt - Angeklagte gesteht
Mit Nadeln im Fleisch wollte eine Frau ihren Mitmenschen den Appetit auf Hack und Würstchen verderben. Ihre Begründung: Von dem Industriefleisch werde man krank. Jetzt räumt sie ein, sich verrannt zu haben.
Mit einem tränenreichen Geständnis und einer Entschuldigung beginnt ihr Prozess um mit Nadeln gespicktes Fleisch. «Ich wollte darauf aufmerksam machen, dass dieses Industrie-Fleisch voller Medikamente ist und unter unsäglichen Umständen hergestellt wird, sagt die 60-jährige Angeklagte vor dem Lübecker Landgericht.
Heute tue es ihr leid: «Mit wird ganz schlecht, wenn ich daran denke, dass ich Menschen geschädigt habe.»
Unklar ist, inwieweit die Angeklagte für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden kann. Laut Anklageschrift ist die Frau möglicherweise nur bedingt schuldfähig, da sie zur Tatzeit unter einer schweren Depression mit psychotischen Zuständen gelitten haben soll. Die 60-Jährige war nach ihrer Festnahme im Oktober 2014 vorübergehend in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.
«Ich habe mich schon lange mit Lebensmitteln und Umweltschutz befasst und damit, was in unseren Nahrungsmitteln drin ist», sagt die zierliche dunkelhaarige Frau vor Gericht. Im Laufe der Zeit habe sie sich in das Thema regelrecht verrannt. «Ich wollte, dass die Menschen auf das Thema aufmerksam werden und darüber nachdenken.» Deshalb nahm sie irgendwann im Oktober 2013 ein Nadelkissen aus ihrem Nähkasten, ging in einen Supermarkt im ostholsteinischen Eutin und steckte dort eine Nähnadel in eine Fleischpackung in der Kühltruhe des Marktes.
Fast ein Jahr lang präparierte sie auf diese Weise Hackfleisch und andere Fleischwaren in verschiedenen Supermärkten in Eutin und Umgebung. Ein Zeuge fand eine Nadel, als er ein Schweinefilet durchschnitt, ein anderer, als er in eine Grillwurst biss. «Ich hatte abgepackte Rostbratwürstchen für meine zweijährige Enkelin gekauft, weil sie die so gerne mag. Als ich die Würstchen für die Zubereitung auf einen Spieß steckte, entdeckte ich in der Wurst eine Stopfnadel», sagte eine 56-jährige Frau aus Bad Malente im Zeugenstand.
Insgesamt 26 Fälle von gemeingefährlicher Vergiftung und gefährlicher Körperverletzung wirft die Staatsanwaltschaft der Angeklagten vor. Doch nur zwei Zeugen wurden leicht verletzt. Eine 30-jährige Frau verletzte sich bei der Zubereitung von Hack leicht an der Hand, als sie in eine abgebrochene Kanüle fasste. Ein junges Mädchen stach sich eine Nadel in den Gaumen, als sie bei ihrer Mutter in einen Hamburger mit präpariertem Hack biss.
Während all dieser Aussagen vermeidet die Angeklagte Blickkontakt mit den Zeugen, zieht sich mitunter wie zum Schutz ihr Halstuch vor das Gesicht. An den zeitlichen Ablauf könne sie sich nicht mehr erinnern, sagte sie auf die Frage des Richters. «Ich glaube, das begann zum Start der Grillsaison, als überall dieses Industriefleisch lag. Ich habe nur noch darüber nachgedacht, dass man doch davon krank wird.» (dpa)
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