Des einen Freud', des anderen Leid: Folgen des Russland-Importstopps

08.09.2014 - Belgien

Als Antwort auf die Sanktionen von EU und USA in der Ukraine-Krise hat Russland eigene Strafmaßnahmen gegen den Westen erlassen. So wurde für ein Jahr die Einfuhr von vielen Lebensmitteln gestoppt - darunter Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und Milchprodukte. Dadurch landen mehr Produkte auf dem europäischen Markt, was zwar die Preise für die Verbraucher drückt, die Erzeuger aber belastet. Die wichtigsten Fragen im Überblick: Welche unmittelbaren Folgen hat der Importstopp in Europa? Der europäischen Agrarbranche ist mit Russland nach den USA ihr zweitwichtigstes Exportziel weggebrochen. Ein Zehntel aller landwirtschaftlichen Güter gingen bisher nach Russland. Rund 40 Prozent davon fallen nach EU-Berechnungen unter den russischen Importstopp. Der Wert dieser Güter beläuft sich nach Zahlen aus dem Vorjahr auf 5,1 Milliarden Euro. Damit sind auf einen Schlag viel mehr Lebensmittel auf dem europäischen Markt. "Das Verbot hat bereits einen unmittelbaren negativen Einfluss auf die Preise in einigen Bereichen", schreibt die EU-Kommission in einer internen Analyse. Können sich Verbraucher also auf geringere Lebensmittelpreise freuen? Sehr wahrscheinlich - zumindest bei einigen Produkten. Hans-Christoph Behr, Bereichsleiter Gartenbau bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) berichtet etwa mit Blick auf den Apfelmarkt: "Die Erzeugerpreise sind schon ziemlich unter Druck." Allerdings liege dies nicht nur an dem russischen Importstopp. Auch die europaweit üppige Apfelernte mache sich hier etwa bemerkbar. Auch bei Milchprodukten habe das Russland-Embargo den ohnehin vorhandenen Preisdruck weiter verstärkt, heißt es beim AMI. Die Butterpreise in Deutschland sind bereits ins Rutschen geraten. Und andere Milchprodukte wie Joghurt oder Frischmilch könnten in den nächsten Monaten folgen. Was ist denn so schlimm daran, wenn die Preise sinken? Des einen Freud', des anderen Leid: Zwar entlasten die sinkenden Preise die Haushaltskasse vieler Verbraucher, die Bauern schlagen jedoch Alarm. So war jüngst der Deutsche Bauernverband Handelsketten vor, den Importstopp zulasten der Erzeuger auszunutzen. Auf den deutschen Bauern laste infolge des Einfuhrverbots ein starker Preisdruck, argumentiert der Verband. Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) wies den Vorwurf entschieden zurück. Außerdem fürchtet die Lebensmittelbranche, dass Russland als Markt längerfristig verloren gehen könnte. Wie sehen die Folgen für den Obst- und Gemüsesektor konkret aus? Unmittelbare Auswirkungen gibt es für relativ leicht verderbliches Obst und Gemüse wie Äpfel, Tomaten, Pfirsiche oder Gurken. Obst lieferten aus Europa bisher vor allem Polen, Spanien und Griechenland nach Russland. Gemüse bezog Moskau vornehmlich aus die Niederlanden, Polen und Spanien. Auch der Milchsektor leidet, insbesondere Käse- und Butterproduzenten. Mehr als 90 Prozent der Käseexporte aus Finnland und den baltischen Staaten gingen bisher nach Russland. Für die Niederlande, Deutschland und Polen liegt diese Quote bei etwa 40 Prozent. Wie verkraftet die Fleischbranche den Einfuhrstopp? Der Fleischsektor verkraftet den Importstopp nach EU-Angaben auch dank lebhafter Nachfrage zum Beispiel in Asien bisher relativ gut. Schweinefleischimporte aus Europa verbot Moskau unter Verweis auf die in einigen EU-Staaten auftretende Afrikanische Schweinepest schon im Februar. Auch die Geflügelbranche ist nach Brüsseler Einschätzung robust. Schwieriger ist die Lage im ohnehin schwächelnden Rindfleischsektor. Was tut die EU gegen die negativen Folgen des Importstopps? Die EU stellt Geld bereit, um ein Überangebot auf dem europäischen Markt zu verhindern und damit Produzenten zu helfen. Hilfe gibt es für Erzeuger von knapp 20 leicht verderblichen Obst- und Gemüsesorten. Die Produkte werden aufgekauft, auch Entschädigungen für Ernteverzicht oder Ernteabbruch sind möglich. Milchbauern und Käsehersteller bekommen Geld für die Einlagerung von Butter, bestimmter Käsesorten und Magermilchpulver. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos beziffert den Wert der Hilfsmaßnahmen auf etwa 180 Millionen Euro./hrz/idt/rad/DP/enl (dpa)

Weitere News aus dem Ressort Politik & Gesetze

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Fleisch aus dem Labor