Discounter auf Wertvernichtungstrip: Preiskrieg bei Markenprodukten kennt keine Gewinner
Kommentar von Dr. Johannes Berentzen, Handelsexperte und Senior Manager bei Dr. Wieselhuber & Partner
Der Discount-Primus Aldi hat in der Vergangenheit bis auf wenige Ausnahmen auf Markenprodukte in seinen Regalen verzichtet – im Gegensatz zur Konkurrenz. Denn Lidl setzt seit vielen Jahren auf eine Mischung aus Eigenmarken und ausgewählten Markenartikeln. Und das mit Erfolg. Schätzungen zur Folge dürfte Lidl bereits im nächsten Jahr Aldi als weltgrößten Discounter ablösen. Jetzt holt Aldi zum Gegenschlag aus und listet zunehmend Markenprodukte ein – sehr zum Leidwesen der Hersteller und der Supermarktbetreiber. Denn: In guter Aldi-Manier werden etablierte Preisregionen der Marken zum Teil massiv unterboten.
Zwei Beispiele: Im April bot Aldi Red Bull für 1,49 Euro pro 0,33 Liter an. Daraufhin senkte Lidl den Preis für 0,25 Liter auf 1,12 Euro und trat damit eine Preislawine im Handel los, die einem Preissturz von 50% endete. Und jetzt Funny Frisch: Innerhalb weniger Tage wurden erneut viele Millionen Euro Ertrag vernichtet – auf Hersteller- wie auf Handelsseite. Im Juni hatte Aldi für Funny-Frisch-Kartoffelchips den Preis dauerhaft auf 1,29 Euro gesenkt (z.B. Lebensmittelzeitung 25, 19.06.2015). Lidl reagierte mit dem Kampfpreis von 1,19 Euro. Zuvor lag der Durchschnittspreis in den Supermärkten mit 1,99 Euro um 80 Cent höher.
Unfair wäre es Aldi den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben - denn zum aggressiven Preistanz gehören immer zwei am Verhandlungstisch. Und dass bei 74 Cent für die Dose Red Bull oder bei 1,19 Euro für die Tüte Funny-Frisch-Chips mancher Händler je nach Konditionen bereits unter dem Einstandspreis landet, erhöht die Brisanz möglicherweise auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht. Die Wertvernichtung findet jedoch nicht nur in Form fehlender Deckungsbeiträge der Hersteller und Händler statt. Starke Marken verbinden Verbraucher in aller Regel mit dem Nutzen- und Qualitätsversprechen, aber auch mit den „Stories“, die über Marketing-Instrumente vermittelt werden, wie zum Beispiel „Red Bull verleiht Flügel“. Dafür sind sie bereit einen höheren Preis zu zahlen. Der aktuelle Preisverriss der Marken führt zwangsweise zu Qualitätszweifeln, Markenerosion und einem Vertrauensverlust. Es werden Markenwerte in den Köpfen der Verbraucher vernichtet. Dies kann langfristig zu Innovationsarmut und Qualitätseinbußen führen, denn Entwicklung, Herstellung und Marketing für Markenprodukte werden nicht günstiger, weil die Händler die Preise für diese Produkte senken.
Am Ende gibt es bei diesem Spiel wohl keinen Gewinner, sondern eher nur Verlierer. Daher schwebt die Frage als Damoklesschwert über der ganzen Branche: Welche Markenprodukte stehen als nächstes auf der „Discount-Abschussliste“?
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