Eliminationsdiät bei Lebensmittelallergien zwingend notwendig

Sechste Internationale Konferenz zum Thema „Food Allergens“ der Akademie Fresenius in Frankfurt

08.12.2015 - Deutschland

Lebensmittelallergiker können ihr Problem in den Griff bekommen, wenn sie sich frühzeitig in Behandlung begeben und bereit sind, für eine gewisse Zeit oder sogar für immer auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten. Wissenswertes zu Diagnose und Management von Allergien im Zusammenhang mit Lebensmitteln sowie weitere Meldungen aus der Erforschung des Themas wurden auf der sechsten internationalen Fachkonferenz „Food Allergens“ der Akademie Fresenius am 11. und 12. November 2015 in Frankfurt vorgestellt. 

Die tatsächliche Verbreitung von Lebensmittelallergien in Europa konnte bislang noch nicht endgültig geklärt werden. Der Grund hierfür ist die unzureichende Datenlage zum Thema. Prof. Dr. Barbara Ballmer-Weber (Kantonsspital Luzern) führte auf der Konferenz Beispielzahlen aus der Schweiz an: So halten sich bis zu 35 Prozent der Schweizer nach eigener Einschätzung für Lebensmittelallergiker, wohingegen Labortests nur bei maximal 24 Prozent der Bevölkerung eine entsprechende Sensibilisierung belegen konnten. „Richtige“ Allergiker, die nach dem Verzehr von bestimmten Lebensmitteln allergische Reaktionen zeigen, seien davon jedoch wiederum nur ein bis zehn Prozent der sensiblen Personen, erklärte Ballmer-Weber. Eine Sensibilisierung auf Speicherproteine eines Lebensmittelallergens könne aus klinischer Sicht nur als Risikofaktor gelten, so die Expertin weiter. Besonders kritische Lebensmittel im Hinblick auf Allergien seien in Europa Haselnüsse, die bei Erwachsenen überdurchschnittlich häufig zu Reaktionen führen, sowie Eier und Milch bei Kindern, ergänzte Ballmer-Weber. Daneben gelten derzeit Kiwis und Walnüsse als die wichtigsten neu aufkommenden Lebensmittelallergene auf dem europäischen Kontinent. 

Eliminationsdiät als Schlüssel zum Management 

Die Euopean Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) hat einen Leitfaden zur Diagnose und dem Management von Lebensmittelallergien entwickelt. Die wichtigsten Punkte zum Thema stellte Prof. Dr. Susanne Halken (University of Southern Denmark) in Frankfurt vor. Das klinische Erscheinungsbild von Lebensmittelallergien beinhalte ein breites Spektrum an Symptomen, angefangen von Hautausschlägen, über Reaktionen des Magen-Darm-Trakts und der Atemwege, bis hin zum Kreislaufkollaps, die zudem in ihrer Stärke stets variieren könnten, verdeutlichte sie eingangs. Eine sorgfältige Anamnese sei allgemein sehr wichtig für die Diagnose einer Lebensmittelallergie, reiche jedoch alleine nicht aus, warnte die Expertin. In vivo-Tests zur Feststellung der vorhandenen Sensibilisierung seien der erste Schritt, wenngleich über diese keine akkurate Diagnose einer Lebensmittelallergie möglich sei, fuhr Halken fort. Hierfür seien eine Eliminationsdiät und orale Nahrungsmittelprovokation notwendig. Auch molekulare Tests oder CRD (component-resolved diagnosis) könnten diese Maßnahmen bislang noch nicht ersetzen. Die diätische Intervention sei definitiv der Schlüssel zum Management einer Lebensmittelallergie, betonte Halken. Die Ernährungsumstellung sollte dabei die allergieauslösenden Lebensmittel vom Speiseplan streichen und auf das Individuum und seine spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sein, ergänzte sie. Um den Erfolg des Eingriffs zu gewährleisten, sei es zudem wichtig, den Patienten und seine Familie umfassend aufzuklären und dafür zu sorgen, dass die Diät korrekt durchgeführt werde, Labels auf Lebensmittelverpackungen richtig gelesen und verstanden sowie riskante Situationen (etwa beim auswärtigen Essen in Restaurants) vermieden werden und alle Betroffenen darüber Bescheid wüssten, wie sie allergische Reaktionen erkennen könnten und mit ihnen umgehen sollten. Darüber hinaus müssten Patienten mit Lebensmittelallergien in regelmäßigen Abständen erneut evaluiert werden, um zu überprüfen, ob sich Toleranzen gegen die kritischen Lebensmittel entwickelt hätten. Auf diese Weise könnten unangemessene oder unnötig lange Eliminationsdiäten vermieden werden, schloss die Expertin.

 

Grenzwerte für Allergenlabels nach wie vor schwierig

 

Allergenlabels auf Nahrungsmittelverpackungen sind in der EU durch die Lebensmittelinformationsverordnung geregelt, die seit Ende 2014 in Kraft ist. Diese befasst sich mit 14 bekannten Allergenen, allerdings nur, wenn diese als Inhaltsstoffe eines Lebensmittels vorkommen. Die Verordnung befasse sich dagegen nicht mit dem Thema Kreuzkontamination und somit nicht mit Allergenen, die eventuell im Endprodukt enthalten sein könnten, erklärte Paul J. Turner (Imperial College London) das aktuelle Problem der Rechtslage. Das vorsorgliche Labelling mit Allergenhinweisen, das von vielen Herstellern aus diesem Grund praktiziert wird, sei bislang nicht reguliert, sodass Verwirrung und Ängste unter Allergikern herrschen, inwieweit ein signifikantes Risiko auf allergische Reaktionen bei entsprechend gekennzeichneten Waren besteht. Auch medizinisches Fachpersonal sei in dieser Frage unsicher, sodass mitunter stark unterschiedliche Empfehlungen ausgesprochen würden, so Turner. Konsumenten und Allergiker sprechen sich derzeit für die Verwendung des Satzes „nicht geeignet für Personen mit X-Allergie“ auf Verpackungen zur Lösung des Problems aus. Ob dieser Hinweis jedoch sowohl für allergieauslösende Inhaltsstoffe als auch für Kreuzkontaminationen gleichermaßen geeignet sei, müsse erst noch im Detail bewertet werden, gab Turner zu bedenken. Eine Verbesserung der Warnhinweise könne dagegen auch über die Einführung von Grenzwerten erreicht werden. Diese beinhalten momentan jedoch noch zahlreiche Herausforderungen. Als Beispiel nannte Turner die angemessene Kommunikation der Grenzwert-Bestimmung gegenüber der Öffentlichkeit. 

Das Problem der Grenzwerte im Allergenlabelling griff in einem späteren Vortrag auch Henk van Loveren (Universität Maastricht) auf. Die derzeitige klinische, epidemiologische und experimentelle Datenlage lasse es nicht zu, sichere Allergen-Grenzwerte festzulegen, die schädlichen Reaktionen bei sensibilisierten Konsumenten ausschließen würden, fasste der Experte die aktuelle Position der EFSA zusammen. 

Die Tagungsunterlagen mit den Skripten aller Vorträge der Fresenius-Konferenz können zum Preis von 295,- EUR zzgl. MwSt. bei der Akademie Fresenius bezogen werden.

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