Schraubverschluss beim Wein immer mehr akzeptiert

Vor wenigen Jahren war noch undenkbar, was eine aktuelle Studie nun belegt

19.06.2025
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Symbolbild

Eine bahnbrechende Innovation der Weinbranche, der Schraubverschluss, hat die Herzen der Weinkonsumentinnen und -konsumenten erobert. Diese Erkenntnis ist das Ergebnis einer Analyse zur Weinpräsentation im Restaurant, durchgeführt im Rahmen der Masterarbeit von Mareike Haag im Studiengang Internationales Weinmarketing der Hochschule Burgenland. Befragt wurden 220 Personen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Schraubverschluss schlägt Kork – zumindest in der Wahrnehmung

Das zentrale Ergebnis: Entgegen gängiger Vorurteile wurde der Schraubverschluss beim Öffnen am Tisch von Restaurantgästen keineswegs als minderwertig empfunden. In einem realitätsnahen Experiment, bei dem über 220 deutschsprachige Weinliebhaber*innen aus der DACH-Region teilnahmen, wurde die Weinqualität nach dem Öffnen einer Flasche – entweder mit Kork oder Schraubverschluss – bewertet. Das Resultat: Der Wein mit Schraubverschluss schnitt in der Qualitätswahrnehmung sogar leicht besser ab als Kork, bei Konsument*innen mit geringerer Weinkenntnis – also sogenanntem „low involvement“ – wurde Wein mit Schraubverschluss sogar höher bewertet als jener mit Naturkork.

Hauptsächlich die Inszenierung zählt

Auch die Qualität des Serviceerlebnisses im Restaurant wird durch den Verschlusstyp nicht negativ beeinflusst. "Unsere Forschung zeigt, dass im gehobenen Gastronomiebereich die Art des Verschlusses zunehmend an emotionalem Gewicht verliert – solange die Präsentation rund um das Öffnen stimmt. Genau diese Inszenierung ist für die Wahrnehmung entscheidend – nicht der Korken bzw. der Verschluss per se", erklärt Bettina König, Marketingexpertin und Betreuerin der Arbeit.

Die Marketingexpertin Bettina König publizierte gemeinsam mit Studiengangsleiter Marcus Wieschhoff und Christian Pfeiffer von der Forschung Burgenland bereits zum Thema „Weinverschlussarten und Konsumentenakzeptanz“ und betreute die Masterarbeit.

Forschung mit Relevanz für die Praxis

Die aktuelle Studie zeigt eindrucksvoll den praxisnahen Zugang der Hochschule Burgenland zu Forschung und Lehre. „Der Masterstudiengang Internationales Weinmarketing hat sich seit über 20 Jahren sehr erfolgreich mit einem klaren Schwerpunkt auf Weinverpackung und Konsument*innenverhalten positioniert. Dass Masterarbeiten wie jene von Mareike Haag aktuelle Fragestellungen des Weinmarketings aufgreifen und Ergebnisse bei internationalen Konferenzen präsentiert werden, zeigt den hohen Anspruch an Wissenschaftlichkeit und Praxisbezug, den wir an der Hochschule Burgenland leben“, betont Studiengangsleiter Wieschhoff.

Die Ergebnisse kurz zusammengefasst

1. Schraubverschluss punktet – auch im gehobenen Ambiente

Entgegen vieler Erwartungen wurde Wein mit Schraubverschluss nicht schlechter, sondern leicht besser bewertet als jener mit Naturkork. Der Unterschied war statistisch signifikant. Das Vorurteil, wonach Schraubverschlüsse minderwertig seien, scheint in der gehobenen Gastronomie der DACH-Region zu bröckeln.

2. Service zählt mehr als Symbolik

Ob das Servicepersonal einen Korkenzieher ansetzt oder den Schraubverschluss öffnet – das Serviceerlebnis selbst wurde von den Gästen unabhängig vom Verschluss positiv bewertet. Die visuelle und verbale Inszenierung bei der Weinpräsentation ist offenbar wichtiger als das Geräusch beim Öffnen.

3. Weinkenntnis verändert die Wahrnehmung

Ein besonders spannender Befund: Konsument*innen mit geringer Weinkenntnis („low involvement“) beurteilten den Schraubverschluss signifikant besser als den Kork. Für sie zählt offenbar der unkomplizierte Zugang zum Wein stärker als ein traditionsbehafteter Verschluss. Hochinvolvierte Konsument*innen hingegen zeigten keinen deutlichen Vorzug für eine der beiden Varianten.

4. Weiß oder Rot? Verschluss schlägt Farbe

Traditionell sind Rotweine immer noch vermehrt mit Naturkorken verschlossen. Hier zeigt die Studie, dass sich Konsument*innen im Restaurant bei Rotwein keinen Korkverschluss erwarten. Ob es sich um Rotwein oder Weißwein handelte, spielte in der Qualitätsbewertung in einer Restaurantsituation keine Rolle.

5. Schraubverschluss im Restaurant etabliert – aber nur, wenn er gut inszeniert ist

Die Studie zeigt, dass die Art der Präsentation entscheidend ist. Wenn der Schraubverschluss mit ebenso viel Sorgfalt und Ritual geöffnet wird wie ein Korken, verliert er sein Image als „Alltagslösung“. Das gilt besonders im Fine-Dining-Kontext.

6. Kein notwendiges Übel mehr

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Schraubverschluss – einst als kostengünstige oder unkonventionelle Lösung wahrgenommen – heute eine ernstzunehmende, qualitätsvolle Alternative zum traditionellen Korken darstellt. Entscheidend für seine Akzeptanz bei Tisch bleibt dabei das stimmige Zusammenspiel mit dem Serviceritual. Der Kontext des Genusses zählt ebenso wie der Inhalt im Glas – genau hier setzt die Hochschule Burgenland mit praxisnaher Forschung an, die der Weinbranche konkrete Impulse liefert.

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