Vier-Stufen Fleischkennzeichnung beim Discounter: Mehr Tierwohl erst ab Stufe 3

VIER PFOTEN fordert starke, tierwohlorientierte Kriterien bei der Fleischkennzeichnung

31.07.2018 - Deutschland

Mehr Transparenz für Verbraucher und bessere Haltungsbedingungen für Schweine, Rinder und Geflügel – das verspricht eine Haltungskennzeichnung, die bei immer mehr Discountern für tierische Produkte eingeführt wird. Angefangen hatte Lidl mit einem Haltungskompass, gefolgt von Netto mit einem Haltungszeugnis. Jetzt bringen auch Aldi und Penny eine Haltungskennzeichnung für Fleisch und Fleischprodukte der Eigenmarken auf den Markt.

VIER PFOTEN  R&D

Für die Verbraucher bedeutet das, dass sie zukünftig bei ihrem Einkauf im Discounter eine bewusste Entscheidung für oder gegen mehr Tierwohl treffen können. VIER PFOTEN warnt jedoch vor den Stufen 1 „Stallhaltung“ (Netto: „Konventionelle Stallhaltung“) und 2 „Stallhaltung plus“ (Netto: „Nachhaltige Stallhaltung“). Die Stufe 1 entspricht lediglich dem gesetzlichen Mindeststandard. Auch Stufe 2 beinhaltet keine nennenswerten Vorteile für die Tiere.

Ina Müller-Arnke, Nutztierexpertin bei VIER PFOTEN: „VIER PFOTEN sieht in den Initiativen des Handels eine positive Signalwirkung an die Politik, endlich zu handeln und eine Kennzeichnung nach Haltungsform der Tiere für alle tierischen Produkte in Deutschland zu etablieren. Doch bei allen vier Discountern werden Produkte, die mit den Stufen 1 und 2 ausgezeichnet werden, so produziert, dass es den Tieren nicht gut geht. Diese Stufen erfüllen nicht einmal die Mindest-Tierschutzkriterien, die ein Tier braucht“, so Müller-Arnke.

Für Schweine bedeutet beispielsweise „Stallhaltung“ und „Stallhaltung plus“, dass allen Schweinen weiterhin ihre Ringelschwänze abgeschnitten werden und sie in dunklen Ställen auf blankem Betonboden ihr Leben fristen müssen. Sauen werden monatelang in körperengen Metallkäfigen, sogenannten Kastenständen, eingezwängt, in denen sie sich nicht umdrehen können. Dort müssen sie ihre Ferkel zur Welt bringen.

„Es fehlt an allem, was ein Schwein braucht: Statt ihnen Stroh zum Wühlen und Heu oder Silage zum Fressen anzubieten, steht den Tieren als Beschäftigungsmaterial lediglich ein Stück Holz zur Verfügung. Außerdem bekommen die Tiere extrem wenig Platz: weniger als einen Quadratmeter bis zu einem Gewicht von 110 kg“, so Müller-Arnke. „Bei einer artgemäßen Haltung haben die Tiere keine Verhaltensstörungen wie Schwanzbeißen und dann wäre das Abschneiden von Ringelschwänzen nicht notwendig. Verbraucher, die wirklich etwas für mehr Tierwohl tun möchten, sollten, wenn sie nicht auf Fleisch verzichten wollen, nur solches kaufen, das mit den Stufen 3 oder 4 gekennzeichnet ist“, erklärt Müller-Arnke.

VIER PFOTEN fordert für eine bessere Schweinehaltung mindestens 40 Prozent mehr Platz pro Tier und das Verbot, Körperteile wie Ringelschwänze abzuschneiden. Raufutter wie Heu, Stroh, Silage muss verpflichtend sein. Die wochenlange Dauerfixierung von Sauen im Kastenstand muss verboten und auf maximal vier Tage nach der Geburt begrenzt werden.

Dieses Mindestmaß an Tierschutz muss nicht nur für alle privaten Initiativen, sondern vor allem für das geplante staatliche Label von Bundesministerin Klöckner gelten. Sonst steht Tierwohl auf der Verpackung, ohne dass sich für die Tiere im Stall wirklich etwas ändert. Wer also günstiges Fleisch kauft, das mit der Stufe 1 oder 2 beim Lebensmitteleinzelhandel ausgezeichnet ist, sollte sich bewusst sein, dass das Tier nicht nach echten Tierschutzkriterien gehalten wurde.

 

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