Führungskräfte begegnen der Dauer-Krise mit hoher Resilienz
Wertebasiertes Handeln und starke Unternehmenskultur sind entscheidend
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Große Unternehmen werden resilienter wahrgenommen als kleinere
Resiliente Personen, Teams und Organisationen zeichnen sich durch die Fähigkeit aus, Verluste, Misserfolge und Unsicherheiten nicht nur erfolgreich zu bewältigen, sondern aus ihnen gestärkt hervorzugehen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen schätzten die befragten Führungskräfte ihre persönliche und organisationale Resilienz ein.
Die Managerinnen und Manager bewerten ihre persönliche Resilienz insgesamt sehr hoch. Hierzu tragen maßgeblich die eigenen Gestaltungsspielräume, das Durchhaltevermögen sowie ein offener Umgang mit Fehlern bei. Im Vergleich zur eigenen Widerstandskraft beurteilen die Führungskräfte die Resilienz auf Organisationsebene etwas geringer. Generell sehen sie ihre Organisationen aber für schwierige Phasen gewappnet, wenn auch in den Bereichen Optimismus und Fehlerkultur Entwicklungspotenzial besteht.
In Großunternehmen nehmen Führungskräfte ihre Organisationen insgesamt resilienter wahr als in mittleren Unternehmen und kleinen Unternehmen. Insbesondere Stressresistenz und Optimismus werden den Großunternehmen deutlich stärker zugeschrieben.
Wertebasiertes Handeln und starke Unternehmenskultur sind entscheidend
Drei Viertel der befragten Führungskräfte geben an, dass es zur Bewältigung von Krisen für sie persönlich besonders wichtig ist, nach eigenen Werten zu handeln. Dies gilt insbesondere für Führungskräfte im Top-Management. Persönlich haben die Führungskräfte zudem gelernt, dass die eigene Gesundheit relevanter ist als Erfolge und Gewinne. Für Führungskräfte im mittleren und unteren Management hat diese Aussage sogar den höchsten Zuspruch.
Bezogen auf ihre Organisationen sind für die befragten Managerinnen und Manager die wirtschaftliche Sicherheit und eine starke Firmenkultur des Unternehmens entscheidend, um Krisen zu meistern. Über drei Viertel der Befragten, insbesondere aus dem Top-Management, geben explizit an, dass sich gutes Wirtschaften in der Krise auszahlt. Zudem sind der Zusammenhalt und eine starke Firmenkultur für den Großteil der Führungskräfte in der Krise besonders wichtig geworden. Viele sehen allerdings Risiken in der entstehenden Distanz zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und anderen Stakeholdern beim flächendeckenden Einsatz von Homeoffice und digitalen Konferenzen. So lehnte knapp ein Fünftel der Führungskräfte die Aussage ab, dass Homeoffice ohne Nachteile für das Unternehmen funktioniert. Fast ebenso viele Führungskräfte lehnen ein vollständiges Ersetzen von Dienstreisen durch Telefon- und Video-Konferenzen ab.
Vertrauen ist der wichtigste Wert, die Bedeutung von Nachhaltigkeit nimmt stark zu
Zentraler Bestandteil der jährlichen Führungskräftebefragung ist auch diesmal die Erhebung der subjektiven Bedeutung der sogenannten Kernwerte: Vertrauen, Verantwortung, Integrität, Respekt, Nachhaltigkeit und Mut. Die Führungskräfte werden bereits seit 2006 zur individuellen Bedeutung dieser Werte im Unternehmenskontext befragt.
Demnach bleiben Vertrauen, Verantwortung und Respekt die drei wichtigsten Werte und damit maßgebliche Handlungsmaxime für deutsche Führungskräfte. Die Bedeutung von Vertrauen nimmt stetig zu und ist für jede dritte Führungskraft der wichtigste Wert. Nachhaltigkeit gewinnt subjektiv Jahr für Jahr an Bedeutung. Über alle Werte hinweg nahm deren Bedeutung für die Befragten zu. So ist die Relevanz von Verantwortung für mehr als ein Drittel, von Nachhaltigkeit sogar für fast die Hälfte der Führungskräfte gestiegen.
Deutschland bleibt Nachzügler beim digitalen Fortschritt in der Welt
Mehr als drei Viertel der befragten Führungskräfte sieht den digitalen Wandel als Chance für Deutschland, seine Wirtschaft und sich persönlich. Dieser Anteil nimmt allerdings im Jahresvergleich weiter leicht ab. Wie auch im vorausgehenden Jahr wurden die Führungskräfte gefragt, wen sie als Vorreiter und wen sie als Nachzügler der Digitalisierung wahrnehmen. Eine Mehrzahl der deutschen Führungskräfte sieht die deutsche Gesellschaft und Wirtschaft als Nachzügler in Sachen Digitalisierung. Allerdings schätzt die Mehrheit der Führungskräfte ihre Branche und ihr Unternehmen als Vorreiter ein. Auf persönlicher Ebene ist weiterhin die deutliche Mehrheit der Führungskräfte von ihrer Vorreiterrolle überzeugt.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Widerstandskraft von Führungskräften und Unternehmen in schwierigen Zeiten stark auf ihren Werten beruht. "Werte sind die Basis allen Denkens und Handelns - dies hat sich gerade auch in den letzten beiden Krisenjahren manifestiert", so Sven H. Korndörffer, Vorstandsvorsitzender der Wertekommission. Prof. Dr. Ludger Heidbrink, Vorstandmitglied der Wertekommission: "Unsere Studie zeigt, dass Resilienz zu einem der wichtigsten Faktoren der Unternehmensführung geworden ist. Unternehmen, die über Werte, Widerstandskraft und Wir-Orientierung verfügen, sind gegen Krisen besonders gut gewappnet."
Methodik der Führungskräftebefragung
An der seit 2006 regelmäßig durchgeführten Führungskräftebefragung der Wertekommission - Initiative Werte Bewusste Führung e.V. beteiligten sich in diesem Jahr 468 Führungskräfte aus der deutschen Wirtschaft, davon rund 75 Prozent aus dem Top-Management und mittleren Management. Die Online-Befragung wurde in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement der Technischen Universität München umgesetzt. Zeitraum der Befragung war der 19. Mai bis 6. Juni 2022.