Biodiversität über den Tellerrand: Nachhaltigere Menüs für Großküchen

Artenvielfalt stärken durch optimierte Menüs

28.09.2023
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Symbolbild

Ob in Kitas, Betrieben oder Krankenhäusern: Zehntausende Mahlzeiten werden Tag für Tag in Deutschlands Großküchen zubereitet und verspeist. Trotzdem wurde es bislang vernachlässigt, diese sogenannte Außer-Haus-Verpflegung (AHV) dafür zu nutzen, Einfluss auf die Biodiversität zu nehmen. Genau hier setzt das Forschungsprojekt „BiTe - Biodiversität über den Tellerrand“ unter der Leitung der Hochschule Osnabrück an. Gemeinsam mit der TU Berlin, der FH Münster und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH wurde in den letzten drei Jahren daran gearbeitet, diese Hebelwirkung nachhaltig zu nutzen. Das Projekt wird mit 597.336 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Bei der Abschlusskonferenz in Berlin stellten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Kooperationspartnerinnen- und partner ihre Ergebnisse vor und gaben einen Ausblick auf die anstehenden Aufgaben.

Artenvielfalt stärken durch optimierte Menüs

Das Forschungsprojekt besteht im Wesentlichen aus zwei Säulen. Eine davon ist eine optimierte Speisenplanung, indem Rezepturen und Speisepläne so angepasst werden, dass sie zum Beispiel die Artenvielfalt stärken. „Süßlupine statt Schnitzel, Rapsöl anstelle von Palm- oder Olivenöl und grundsätzlich Zutaten aus europäischem Anbau nutzen - schon mit diesen drei Änderungen lässt sich eine Mahlzeit biodiverser gestalten“, erklärt Prof. Dr. Melanie Speck, Professorin für Sozioökonomie in Haushalt und Betrieb an der Hochschule Osnabrück und Leiterin des Forschungsprojekts. Um die Großküchen zu unterstützen, entwickelten die Akteurinnen und Akteure eine Methodik, mit der einzelne Menüs im Hinblick auf ihre Biodiversität bewertet werden können. Der sogenannte „BiTe-Biodiversitäts-Index“ misst dabei den potenziellen Artenverlust durch den Anbau von Lebensmitteln in verschiedenen Regionen. So können die Betreiberinnen und Betreiber der jeweiligen Großküchen ermitteln, wie sich jedes einzelne Menü auf die Biodiversität auswirkt, wenn sie beispielsweise die Gemüseeinwaage von Gerichten erhöhen und gleichzeitig die Fleischeinwaage deutlich reduzieren. Dabei wird die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt: Produktion, Weiterverarbeitung, Transporte und Zubereitungsarten in den Küchen sowie Entsorgung.

Gästekommunikation als wichtiger Baustein des Forschungsprojekts

Die zweite Säule ist eine zielgerichtete Gästekommunikation, damit die Gäste die Hintergründe der Aktion einordnen können. Hierfür wurden Kommunikationsmaterialien und Umsetzungskonzepte erstellt, die Großküchenbetriebe für ihre eigene Gästeansprache nutzen können. „Eine gute und gezielte Kommunikation ist bei diesem Projekt sehr wichtig, denn das Thema Ernährung ist emotional. Aus diesem Grund ist unser Ansatz, dass wir niemanden belehren wollen, sondern mit interessanten Aktionen und leckerem Essen die Gäste überzeugen“, sagt Prof. Dr. Nina Langen, Fachgebiet Bildung für Nachhaltige Ernährung und Lebensmittelwissenschaft, TU Berlin. Unter anderem wurde eine Wimpelkette entwickelt: Jede Person, die sich für ein Biodiversitätsgericht entscheidet, erhält ein Fähnchen, das an einer Wimpelkette aufgehängt wird. Dadurch wird das Thema in der Mensa oder der Kantine sichtbar und die Gäste erkennen ihren Beitrag zur Sicherung der biologischen Vielfalt.

Ein weiteres Beispiel sind Comics, die als Poster in verschiedenen Formaten sichtbar aufgehängt oder auf den Tisch gestellt werden und über beispielsweise über bedrohtes Artensterben aufklären.

Anhand der Auswertung von Abverkaufszahlen und einer Gästebefragung lässt sich auswerten, ob eine Veränderung der Einstellung bei den Gästen stattgefunden hat und inwiefern eine Verhaltensänderung stattgefunden hat, die nicht zufällig ist. „Es sind zwar noch viele Rohdaten in der Auswertung, aber es zeigt sich bereits, dass es eine Herausforderung ist, biodiverse Gerichte zu kochen. Das liegt zum Beispiel daran, dass die Beschaffung von Zutaten in üblichen Lieferstrukturen nicht immer ganz einfach ist. Wenn die Küchen aber die anfänglichen Hindernisse überwunden haben, die Speisen an der beliebtesten Ausgabe-Position positionieren und die Aktionen durchführen, dann verkaufen sich die Gerichte sehr gut, was dann ökonomisch wichtig ist, um die Anstrengungen weiterzuführen“, erläutert Silke Friedrich, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Nachhaltige Ernährung.

Insgesamt waren 11 Cateringunternehmen mit 21 Standorten in ganz Deutschland an diesem Forschungsprojekt beteiligt. Während der Aktionswochen wurden in diesen Küchen zusammengenommen rund 20.000 Essen optimiert. Bei einem CO2-Fußbadruck von ca. 1,25 kg CO2-äq. pro Essen und einem durchschnittlichen Einsparpotenzial von 20 %, konnten so während der Aktionswochen rund 5.000 kg CO2-äq. eingespart werden.

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