Stärke aus Hefe
Forschende der ETH Zürich haben mit der Hefe erstmals einen nichtpflanzlichen Organismus dazu gebracht, Stärke zu produzieren. Mit Hilfe des neuen Modellsystems können sie nun einfach erforschen, wie Stärke gebildet wird und welche Rolle die beteiligten Enzyme dabei spielen. In Zukunft lassen sich in Hefe möglicherweise gezielte Veränderungen an der Stärke ausprobieren.

Stärkekörner aus Hefen: Bislang war die Stärkeproduktion Pflanzen und Algen vorbehalten, nun können dies auch modifizierte Hefezellen.
Barbara Pfister / ETH Züric

Stärkeproduzierende Hefezellen dargestellt durch ptychographische Kryo-Röntgentomographie (oben) und Elektronenmikroskopie (unten). Die Zellen links sind unverändert und bilden keine Stärke. Der Balken entspricht 1 µm
ETH Zürich


Eigentlich produzieren nur Pflanzen und Algen Stärke. Neuerdings kann das auch Hefe. Zumindest die in den Labors der Gruppe von Samuel Zeeman, Professor für Pflanzenbiochemie am Institut für Agrarwissenschaften der ETH Zürich. Den Forschenden ist es gelungen, Hefe die pflanzliche Maschinerie einzubauen, die den Speicherzucker herstellt. «Ein Novum», wie Zeeman betont.
Pflanzliche Enzyme transferiert
Um dieses Ziel zu erreichen, entnahm Barbara Pfister, die federführende Forscherin in diesem Projekt, dem Genom der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) die Baupläne für sieben an der Stärke-Synthese beteiligte Enzyme. Diese pflanzte sie ins Genom der Hefe. Dort entfernte sie zusätzlich alle Enzyme, die am Aufbau von Glykogen, dem Speicherzucker der Hefe, beteiligt sind. Denn diese würden die Stärke-Synthese stören.
Insgesamt generierten die Forschenden über 200 Hefestämme. Einige davon mit allen sieben Enzymen, andere mit verschiedenen reduzierten Sets. Entsprechend produzierten die Stämme entweder Stärke, die der von Arabidopsis stark ähnelt, keine Stärke oder aber Stärke-Produkte mit unterschiedlich starken Veränderungen.
Hefe produziert tatsächlich Stärke
Was die Hefe genau herstellt, untersuchten die Forschenden mit verschiedenen Verfahren. Neben der klassischen Jodfärbung und etablierten bildgebenden Verfahren wurde auch die am Paul Scherrer Institut neu entwickelte ptychographische Kryo-Röntgentomographie verwendet. Damit bestimmten die Forschenden die Dichte der in der Hefezelle hergestellten Produkte.
Das Resultat: Stämme, die alle sieben Enzyme enthielten, stellten Stärke her, die sich von Arabidopsis-Stärke nur minim unterscheidet. Überraschend waren allerdings die Produkte von Stämmen, denen einzelne oder mehrere Enzyme fehlten: Je nach Kombination stellten einige davon trotzdem eine Art Stärke her.
tärke auf Umwegen
«Die Stärke-Synthese ist nicht linear», erklärt Zeeman. «Fällt ein Enzym aus, arbeiten die verbleibenden trotzdem weiter und bauen einfach ein etwas anderes Produkt.» Die Forschenden konnten auch zeigen, dass die Stärke-Synthese je nach Kombination der anderen Enzyme auch ohne Entzweigungsenzym funktioniert. Dieses entfernt während der Stärke-Synthese überschüssige Verzweigungen in den entstehenden Zuckerketten und galt bisher für die Stärkebildung als unverzichtbar.
«Das Hefesystem ist momentan ein reines Forschungsinstrument», sagt der ETH-Professor. Damit sei es möglich, die Stärke-Synthese zu simulieren und so die individuellen Rollen der beteiligten Enzyme sowie die Bildung der komplizierten Struktur der Stärke genauer zu erforschen. «Das ist viel schneller und einfacher als in Pflanzen», betont Zeeman. Nach zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten gefragt, fügt er an: «Natürlich ist es denkbar im Hefe-System neuartige Modifikationen an der Stärke auszuprobieren, und dadurch zu versuchen, ihre Eigenschaften für bestimmte Einsatzgebiete zu verbessern.»
Neue Richtung mit Hefe einschlagen
Für dieses vom SNF finanzierte Projekt hat Zeemans Gruppe das erste Mal mit Hefe gearbeitet. Er und Barbara Pfister möchten nun in der Hefe die Stärke-Synthese auf der Systemebene genauer erforschen. Dazu arbeiten sie neu mit mathematischen Modellierern zusammen, um den Prozess im Computermodell zu simulieren.
Stärke ist als Inhaltsstoff von Nahrungsmitteln, wie zum Beispiel Mais, Reis oder Kartoffeln wichtig. Sie ist für die Herstellung von biologisch abbaubaren Werkstoffen höchst interessant. Und sie wird an vielen Orten angewandt, wo man sie nicht erwarten würde, wie zum Beispiel zur Beschichtung von Papier. Der Werkstoff wird für verschiedene Anwendungen weiter optimiert.
Literaturhinweis
Pfister B, Sánchez-Ferrer A, Diaz A, Lu K, Otto C, Holler M, Razvi Shaik F, Meier F, Mezzenga R, Zeeman SC. Recreating the Synthesis of Starch Granules in Yeast. Elife, published on November 22, 2016, DOI 10.7554/eLife.15552.
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