Fleischfirma Sieber klagt wegen Produktionsverbots

31.05.2016 - Deutschland

Hunderte Tonnen Wurstwaren müssen vernichtet werden, weil in Produkten der Firma Sieber gesundheitsgefährdende Bakterien gefunden wurden. Ob Todesfälle auf das Fleisch zurückgehen, ist unklar. Der Inhaber erhebt nun Vorwürfe gegen die Behörden. 

Die Fleischwarenfirma Sieber geht nach dem Fund gesundheitsgefährdender Bakterien in Wurstwaren gerichtlich gegen das behördlich angeordnete Produktionsverbot vor. Es sei Klage gegen den Freistaat Bayern eingereicht worden, sagte der Inhaber Dietmar Schach am Dienstag am Firmenstandort in Geretsried (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen). Der Rückruf sämtlicher Waren und die Werksschließung seien politisch motiviert. Das bayerische Verbraucherschutzministerium wies die Vorwürfe zurück. 

In Proben von Sieber-Wurstwaren waren gesundheitsgefährdende Listerien gefunden worden. Das Landratsamt in Bad Tölz hatte daraufhin am Freitag angeordnet, dass sämtliche Sieber-Produkte in ganz Deutschland aus den Ladentheken sowie in Flughäfen und Großkantinen zurückgerufen und vernichtet werden müssen. Das Unternehmen beliefert nach seinen Angaben die Ketten Lidl, Norma, Rewe und Penny, nicht jedoch Aldi. Außerdem verhängte die Behörde ein Betriebs- und Vertriebsverbot für die Großmetzgerei mit 120 Beschäftigten. 

Nach Angaben des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen wurden seit 2012 in Deutschland Listeriosen mit einem bestimmten Muster beobachtet. Diesem Ausbruch könnten möglicherweise bis zu 80 Erkrankungsfälle mit dem Schwerpunkt Baden-Württemberg und

22 Fälle in Bayern zugeordnet werden. Acht der erkrankten Personen sind gestorben, bei vier von ihnen wird die Listeriose als hauptsächliche Todesursache angesehen. Ob die Todesfälle auf Sieber-Produkte zurückgehen, ist unklar. 

Eine Ansteckung mit Listerien kann bei Kleinkindern und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem meist zu starkem Durchfall und Fieber führen. Bei Gesunden verläuft die Listeriose genannte Krankheit oft harmlos. 

Die Münchner Staatsanwaltschaft leitete Vorermittlungen gegen Sieber ein. «Wir prüfen den Sachverhalt», sagte Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich am Dienstag. 

Es werde der Versuch unternommen, «dass man an einem Betrieb ein Exempel statuiert, um von behördlichen Versäumnissen abzulenken», kritisierte Schach. Er bezifferte den täglichen Schaden für sein Unternehmen auf 100 000 Euro. Insgesamt mehrere Hundert Tonnen Ware müssten vernichtet werden. Er äußerte den Verdacht, dass sein Unternehmen durch die staatlich angeordneten Sanktionen dafür missbraucht werde, politisch vorzeigbare Erfolge im Kampf gegen Lebensmittelskandale zu erzielen. Er nannte auf Nachfrage Versäumnisse bei Bayern-Ei. Im Zuge der Salmonellen-Affäre sollen Dutzende Menschen erkrankt und ein Mann gestorben sein. 

Das Verbraucherschutzministerium in Bayern wies die Vorwürfe zurück:

«Die zuständigen Behörden handeln konsequent zum Schutz der Verbraucher», erklärte ein Sprecher. «Auch für Betriebe einschneidende Maßnahmen werden zum Schutz der Verbraucher ergriffen, wenn sie rechtlich zulässig und erforderlich sind.» Die Behörden hätten die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, betonte der Sprecher und ergänzte: «Der Rückruf wird amtlich überwacht. Außerdem wurden weitere Proben genommen, die noch ausgewertet werden. Die weitere Aufklärung der Lieferwege läuft.» 

Schach verwies darauf, dass rund 45 im Unternehmen genommene Proben frei von gesundheitsgefährdenden Listerien seien. «Es gibt bis jetzt keine gesicherten Erkenntnisse, wann und wo Keime in unser Unternehmen hineingetragen wurden», sagte Schach. Allerdings wurden vor Ostern in einem Schweinefleisch-Produkt von Sieber im Nürnberger Land Listerien nachgewiesen. Der Grenzwert wurde dabei um das Zehnfache überschritten. 

Bei daraufhin veranlassten verstärkten Proben in Kaufhausregalen waren fünf Produkte mit Listerien belastet. Nach Schachs Worten wurden dabei die behördlich vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten.

«Dass auf dieser Tatsachenbasis das gesamte Produktsortiment zurückgerufen werden muss, ist einmalig», kritisierte der Firmenschef. Er arbeite an einem Konzept zur Rettung der Firma. (dpa)

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