Oetker-Gruppe nach Verkauf der Reedereiaktivitäten auf Expansionskurs

4,6 Prozent operatives Umsatzwachstum im Geschäftsjahr 2017

21.06.2018 - Deutschland

Für die Oetker-Gruppe war das Geschäftsjahr 2017 gleich in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Jahr. Zum einen trennte sich die Gruppe mit dem Verkauf der Hamburg Süd nach 80 Jahren Zugehörigkeit von ihren gesamten Reedereiaktivitäten, zum anderen formierte sich auch die Gruppenleitung durch das altersbedingte Ausscheiden von Richard Oetker und des Reedereichefs Dr. Ottmar Gast neu. Vor diesem Hintergrund wuchs der Umsatz der Gruppe like-to-like gegenüber dem Vorjahr operativ um 4,6 Prozent. Da die Schifffahrt allerdings nur elf Monate zum Wachstum beitrug und somit deren Umsatz aus dem Monat Dezember in der Gesamtbetrachtung fehlte, lag der absolute Umsatz leicht unter dem Vorjahreswert.

obs/OETKER-GRUPPE

Die Gruppenleitung der Dr. August Oetker-KG (v. l.): Dr. Niels Lorenz, Dr. Albert Christmann, Dr. Heino Schmidt.

Wie Dr. Albert Christmann, persönlich haftender Gesellschafter der Dr. August Oetker KG, im Rahmen der Bilanzvorstellung für das Geschäftsjahr 2017 erläuterte, wird der Verkauf der Schifffahrtsaktivitäten im Jahr 2018 einerseits in etwa zu einer Halbierung des Umsatzes führen. Andererseits reduziert sich das gebundene Kapital wegen des Verkaufs zum 30. November 2017 bereits in der aktuellen Konzernbilanz um etwa 50 Prozent. Darüber hinaus verbessert sich die Liquidität und steigern sich Agilität und Flexibilität der Gruppenunternehmen. Den so geschaffenen Freiraum werde die Gruppe nutzen, um sich den sich weiter verschärfenden Anforderungen der allgemeinen globalen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen zu stellen.

Diese, so Christmann, hätten in den letzten 18 Monaten die Unternehmen der Oetker-Gruppe erheblich tangiert, sowohl im Hinblick auf die Internationalisierung des Geschäftes als auch durch nicht vorhersehbare Wechselkursschwankungen und sehr volatile Rohstoffmärkte. Allein die Nahrungsmittelsparte habe Kostenerhöhungen bei Rohstoffen in Höhe von 100 Millionen Euro im Jahr 2017 hinnehmen müssen.

Globale Megatrends, die aus gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen resultieren, führen bereits aktuell zu neuen Geschäftsmodellen mit digitalen Vertriebskanälen, die traditionelle Geschäftsformen unter Druck setzen und das Konsumverhalten der Verbraucher radikal verändern. Die Unternehmen der Oetker-Gruppe, so Christmann, hätten diese Entwicklung erkannt, bewertet, in ihren Unternehmensstrategien antizipiert und seien nunmehr dabei, diese Schritt für Schritt umzusetzen. Es gehe darum, auf der Kostenseite wettbewerbsfähig aufgestellt zu sein und auf dieser Basis in allen klassischen Märkten die Marktführerschaften auszubauen und aktiver Branchenkonsolidierer zu sein. Entsprechend seien alle Gruppenfirmen dabei, im Kerngeschäft in etablierten Märkten die Profitabilität zu erhalten, weiter zu wachsen und alle relevanten Vertriebskanäle adäquat zu bedienen, um dadurch die Möglichkeit zu haben, auch neue Erlös- und Ergebnispotentiale zu erarbeiten.

Erfolgreiches organisches Wachstum im Geschäftsjahr 2017 zeigte vor diesem Hintergrund aus dem Bereich Sekt, Wein und Spirituosen die Prosecco-Marke Mionetto, die ihren Umsatz erneut zweistellig steigern konnte. Im Geschäftsfeld Bier überzeugten die Marken Ur-Krostitzer und Allgäuer Büble Bier mit sehr ordentlichem Wachstum. In der Nahrungsmittelsparte konnte Coppenrath & Wiese erfreuliche Marktanteilsgewinne und Zuwächse ausweisen, im Bereich Dr. August Oetker Nahrungsmittel gelang es unter anderem Dr. Oetker Polen, mit der Pizza Guseppe innerhalb von sieben Jahren die klare Marktführerschaft bei Verdoppelung des Marktanteils zu erreichen.

Neben organischem Wachstum mit Bestandsprodukten liegt ein starker Schwerpunkt auf der Entwicklung und Markteinführung von Innovationen, um die Sortimente zu aktualisieren, zu verjüngen und so zusätzliche Umsätze zu generieren. Dazu gehören unter anderem die neuen, ohne Zuckerzusatz hergestellten Desserts der Range PurVi von Dr. Oetker, das innovative und wachstumsstarke Blechkuchenkonzept Cafeteria von Coppenrath & Wiese oder auch die den Trend zum Sharing aufgreifende neue Tiefkühlpizza La Mia Grande von Dr. Oetker. Neben diesen eher klassischen Kategorien nimmt die Oetker-Gruppe vor allem auch im digitalen Bereich die Wünsche der Verbraucher auf und bietet sowohl mit dem in der Schweiz realisierten Café Gugelhupf als auch bei der Radeberger Tochter Getränke Hoffmann mit dem Online-Lieferdienst Getränke Express innovative Konzepte an.

Gleichzeitig wird die Oetker-Gruppe in allen strategischen Bereichen durch Akquisitionen weiter wachsen. Mit der Übernahme der Beteiligung an Freixenet durch Henkell werden, so Christmann, beide Sekthersteller nach erfolgtem Closing zwei starke Marken bündeln, um in vielen Ländern eine gemeinsame Schlagkraft zu entwickeln. Ähnliches gelte für die Martin Braun-Gruppe, die mit der Übernahme des belgischen Unternehmens Diversi Foods jetzt eine bedeutende Rolle im europäischen Markt für tiefgekühlte Brot-, Brötchen- und Kuchenprodukte spiele. Die Übernahme des "französischen Dr. Oetker" im Markt für Backzutaten, das Unternehmen Alsa, wird nach erfolgtem Closing die führende Marktposition von Dr. Oetker in Frankreich weiter voranbringen. Die Akquisition der marktführenden mexikanischen Marke für Backpulver, Grupo Rexal, festigte die Position von Dr. Oetker im vergangenen Jahr im mexikanischen Backmarkt, und mit der aktuell vollzogenen Übernahme des ägyptischen Marktführers bei Backpulver und Vanillezucker, Tag El Melouk, geht Dr. Oetker den nächsten Schritt zur weiteren Internationalisierung in klassischen Wachstumsmärkten beim Thema Backzutaten. Auch der Radeberger Gruppe gelang mit der Übernahme der Dursty-Getränkemärkte ein weiterer Erfolg bei der Konsolidierung im Geschäftsfeld Getränkeabholmärkte. Sie baute damit die marktführende Position von Getränke Hoffmann in Deutschland weiter aus.

Die Expansion in neue Geschäftsmodelle vollzieht die Oetker-Gruppe in internationalem Rahmen. So erweiterte Budenheim das Produktportfolio der stärksten Business Unit Food Ingredients durch die im Januar 2018 erfolgte Übernahme des spanischen Spezialchemieunternehmens La Campana. Daneben erwarb Dr. Oetker ebenfalls Anfang 2018 die Mehrheit am südafrikanischen Tiefkühltortenhersteller Château Gâteaux, der seine Produkte sowohl an den Einzelhandel und B2B-Kunden verkauft als auch ein Direktgeschäft mit eigenen Cafés betreibt. Hier, wie auch durch die 49-prozentige Beteiligung am auf den Versand von individualisierten Torten spezialisierten Start-up DeineTorte.de, will die Gruppe insbesondere den Umgang mit Big Data und kundenrelevanten Wünschen lernen. Ähnliches gilt für die Beteiligung an Gastrofix, einem Hersteller von digitalen Kassensystemen für Gastronomie-Betriebe.

Know-how für zukünftige digitale Geschäftsmodelle will die Oetker-Gruppe darüber hinaus auch mit Investitionen in Venture Capital Fonds in Europa, den USA und Asien erwerben. Zugleich soll damit das neugegründete Gruppenunternehmen Oetker Digital, das als interner Dienstleister bei der digitalen Transformation der Gruppenunternehmen eine wichtige Rolle spielt, weiter vorangebracht werden.

Weiterhin neu ist die künftige Öffnung von Gruppenunternehmen für Partnerschaften, wie das geplante Joint Venture mit der Molkerei Gropper im Dr. Oetker Frischewerk in Moers, wo sich künftig wettbewerbsfähige Kostenstrukturen und Innovationskraft zum Nutzen der Verbraucher zusammentun werden.

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