Die Milchquote fällt

02.03.2015 - Deutschland

Milch ist ein besonderes Lebensmittel - und nicht nur, weil sie ein sehr bekömmliches Naturprodukt ist. In Sachen Milch betreibt das ansonsten kapitalistische Europa bislang Planwirtschaft. Die Produktion wird durch die EU begrenzt. Doch Ende März wird die Milchherstellung europaweit freigegeben.

Jahrelang gab es Befürchtungen, dass ein massiver Preisverfall die Folge sein könnte. Das ist nach Einschätzung von Bauernverband und Wissenschaftlern zwar ein eher unwahrscheinliches Szenario. Aber unter Bauern ebenso wie unter Agrarpolitikern herrscht Unsicherheit.

Mittel- und langfristig scheinen die Zukunftsaussichten für Europas Milchbauern jedoch eher positiv.

"Ein Preisverfall ist eigentlich die logische Folge, genau vorhersagen lässt sich das aber nicht", sagt Agrarminister Helmut Brunner (CSU) zum bevorstehenden Ende der Quote. Derzeit bekommen die bayerischen Milchbauern zwischen 33 und 35 Cent pro Kilogramm Milch - die Branche rechnet in Kilo und nicht in Litern. "Ich schließe nicht aus, dass der Milchpreis erneut unter Druck gerät", sagt Brunner.

Die Milchpreise waren im Laufe der vergangenen Monate bereits kräftig gefallen, haben allerdings in den vergangenen vier Wochen wieder angezogen. Die Schwankungen liegen vor allem an der Entwicklung des Weltmarktes: Das russische Embargo auf westliche Lebensmittel trifft die Milchbauern, außerdem sind vor allem die chinesischen Importe gesunken.

"Die Lage auf dem Weltmarkt bleibt schwierig", sagt Brunner dazu.

"Die Fachleute erwarten aber, dass die Preise gegen Ende des Jahres wieder ansteigen."

Eingeführt wurde die Milchquote 1984. Unstrittig ist, dass die Produktionsbeschränkungen wesentliche Ziele nie erreicht haben. Denn die Quote sollte sowohl große Preisschwankungen verhindern als auch das Höfesterben verlangsamen. Tatsächlich gab es aber gerade im vergangenen Jahrzehnt sehr große Preisschwankungen. Und wirtschafteten vor 30 Jahren noch weit über 100 000 Milchbauern in Bayern, sind es heute nur noch knapp 40 000.

"Die Milchquote ist gescheitert", meint deswegen Günter Felßner, stellvertretender Präsident des Bayerischen Bauernverbands. Große ökonomische Auswirkungen werde der Wegfall der Quote auch nicht haben, meint Felßner. "Für die Milchpreise wird viel wichtiger sein, wie sich der Weltmarkt entwickelt. Nicht die Frage, ob einige europäische Länder ihre Produktion ein bisschen erhöhen."

Agrarminister Brunner rechnet aber damit, dass sich die Zahl der Milchbauern in Bayern nach dem Wegfall der Quote weiter vermindert: "Ich glaube, dass es im Milchbereich einen gewissen Konzentrationsprozess geben wird", sagt der CSU-Politiker.

Der Wegfall der Quote könnte jedoch auch für kleinere Bauern Chancen bergen, argumentiert der Bauernverband. Denn wollte bisher ein Milchbauer seine Produktion erhöhen, musste er Milchquote ankaufen. Diese zusätzlichen Kosten fallen nun weg, wie Felßner argumentiert.

Und außerdem führten die Produktionsbeschränkungen dazu, dass die europäische Milchproduktion weitgehend konstant blieb, obwohl der weltweite Absatz an Milchprodukten stark gestiegen ist.

In China und anderen ostasiatischen Ländern gab es bis vor 20 Jahren nur wenige Milchprodukte zu kaufen, heute finden sich auch in den Kühlregalen des Fernen Ostens Joghurt, Milch und Käse. Doch davon profitiert haben in erster Linie die Exporteure aus Neuseeland, Australien und den USA, auch wenn die Europäer inzwischen Boden gut gemacht haben. "Wir konnten wegen der Quote am Nachfragewachstum nicht teilnehmen", formuliert Bauernfunktionär Felßner.

Das auf den Milchmarkt spezialisierte Kieler Institut für Ernährungswirtschaft ife prophezeite bereits im Herbst 2013, dass der Exportanteil der in Europa produzierten Milch in den nächsten Jahren weiter steigen wird. Die Weltbevölkerung wird bis 2025 voraussichtlich von sieben und auf knapp acht Milliarden Menschen steigen - womit auch der Milchmarkt wachsen wird.

Dank Globalisierung ist in vielen Ländern der einstigen Dritten Welt eine wohlhabende Mittelschicht entstanden, die Milchprodukte konsumiert. Vor allem in Asien ist der Glaube weit verbreitet, dass die durchschnittlich größer gewachsenen Europäer und US-Amerikaner ihre Statur vor allem dem Verzehr von Milch und Käse verdanken. All diese Faktoren könnten auch den Milchbauern im Allgäu und in Oberbayern in den nächsten Jahren zugute kommen. "Wenn die Nachfrage steigt, ist das eine Chance für kleine Betriebe", sagt Felßner./cho/DP/he (dpa)

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