Fast 11 Euro: Der Wiesn-Bierpreis regt auf

17.06.2016 - Deutschland

Die Erhöhung des Bierpreises auf dem Oktoberfest und das Stöhnen darüber gehören in München zur Tradition.

Die Wiesn-Wirte langen wieder zu: Das Bier auf dem Oktoberfest wird noch teurer. Wie die Stadt München am Donnerstag mitteilt, kostet die Maß 2016 zwischen 10,40 und 10,70 Euro - drei Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Ein stolzer Preis, wenn der Liter Pils beim Discounter schon für 60 Cent zu haben ist. 

Nein, ganz falsch, sagt Wirte-Sprecher Toni Roiderer: «Eigentlich muss man sich fragen, wie schaffen wir es, dass wir bei so hohem Aufwand so günstig sind?» Für einen ordentlichen Rausch muss ein Durchschnittsverdiener tatsächlich viel weniger arbeiten als früher. 

Anno 1949 kostete ein Liter «einheimisches Lagerbier im Ausschank in einfachen Gaststätten» noch 83 Pfennig. Das entsprach etwa dem Brutto-Stundenlohn eines Arbeiters in der Metallindustrie. Eine Maß auf der Wiesn kostete 1,70 Mark - also etwa zwei Stunden Arbeit.

Heute zahlt der Gast für eine Maß im Münchner Wirtshaus oder Biergarten zwischen 7 und 10 Euro, auf der Wiesn für das extra gebraute, viel stärkere Festbier keine 11 Euro - da bleibt nach einer Stunde Arbeit sogar noch viel übrig für ein Trinkgeld. 

Als Veranstalter des Oktoberfests hat die Stadt München die Preise der Wirte geprüft und genehmigt, der Wirtschaftsausschuss befand sie für angemessen. Jan-Ulrich Bittlinger, Vorsitzender des Vereins gegen betrügerisches Einschenken, ist jedoch skeptisch. «Die Stadt genehmigt das, weil sie sich mit keiner Lobby anlegen will», sagt er.

«Die Wirte nehmen jeden Anlass, sei es eine Toilette mehr oder zwei Sitzplätze weniger, um eine Erhöhung zu begründen.» Der Bierpreis steige stark, stärker als die allgemeine Inflation. «8 Euro für eine Maß im Biergarten ist für uns auch nicht nachvollziehbar.» 

Immerhin bekommt der Besucher mehr Bier in seinen Maßkrug als früher.

Wenn wiederholt weniger als 0,9 Liter im Krug sind, droht dem Wirt im schlimmsten Fall der Entzug der Lizenz. «Die Schankmoral ist deutlich besser geworden», sagt Bittlinger. 

Toni Roiderer ist seit 1989 Wiesn-Wirt und seit 2002 Sprecher der Wiesn-Wirte. Die Litanei über den hohen Bierpreis mag er gar nicht mehr hören. «Die Wiesn dauert nur 16 Tage. Wir haben unbändig hohe Kosten», sagt er. «Der Zeltaufbau kostet über zwei Millionen Euro.» Er beginnt schon im Juli, abgebaut ist erst im November. 

Sein Zelt ließ Roiderer innen von einem Oscar-Preisträger gestalten.

Für die Bewachung zahle er 400 000 Euro, mehr als 100 Ordner sollen für Sicherheit sorgen. Insgesamt habe er 600 Mitarbeiter im Zelt, und die Musikkapelle komme auch noch dazu. Und die Stadt kassiert bis zu 300 000 Euro Platzgebühr für ein Festzelt. «Wir jammern nicht», sagt Roiderer. «Aber die Wiesn kann keine Billigveranstaltung sein. Die Wiesnwirtschaft ist ein Wirtschaftsunternehmen, und da soll auch ein bissl was hängen bleiben.» 

Für München ist das größte Volksfest der Welt ein Milliardengeschäft.

Etwa sechs Millionen Besucher trinken etwa 7,5 Millionen Liter Bier, essen, fahren Achterbahn und verjubeln so schon direkt auf der Theresienwiese 350 Millionen Euro - rund 60 Euro pro Kopf. Mehr als 600 Millionen Euro werden für Hotels, Taxis, Einkäufe sowie in Bars und Kneipen ausgegeben. 

Nicht zu beziffern ist der Werbeeffekt, den das Oktoberfest für München, Bayern, Deutschland und das Bier hat. Den weitaus größten Teil des Festbiers - eine saisonale Spezialität mit hoher Stammwürze - verkaufen die Münchner Brauereien in Wirtshäusern, im Einzelhandel und im Ausland - einige Hunderttausend Hektoliter insgesamt, sagt ihr Vereinsgeschäftsführer Michael Newrzella. 

Nicht der Bierpreis, sondern Dauerregen oder Terror schrecken Besucher ab. Nach den Anschlägen in New York 2001 waren nur noch 5,5 Millionen Menschen aufs Oktoberfest gegangen, 1980 waren es sogar nur 5,1 Millionen gewesen - ein rechtsradikaler Selbstmordattentäter hatte damals mit einer Bombe zwölf Menschen mit in den Tod gerissen.

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