Geplante Supermarktfusion wird zur Nervenprobe

08.07.2016 - Deutschland

Fast vier Monate nach der Ministererlaubnis für die Handelsehe der Supermarktketten Edeka und Kaiser's Tengelmann ist die heftig umstrittene Fusion zur Hängepartie geworden. Nun macht Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub Druck. "Es muss eine Klärung kommen", forderte Haub bei der Bilanzvorlage des Mülheimer Familienunternehmens am Donnerstag. Die Gespräche dürften nicht zur "unendlichen Geschichte" werden, so Haub.

Auch im vergangenen Jahr habe die bereits seit langem defizitäre Supermarktkette "bittere Verluste" eingefahren, beklagte der Unternehmer. Er sei jedoch dazu verdammt, tatenlos auf eine Einigung bei den Gesprächen zwischen Edeka und der Gewerkschaft Verdi zu warten. "Das ist eine furchtbare Situation", sagte Haub.

Noch immer sind die zunächst mit großem Elan in vier Bezirken angegangenen Gespräche zwischen der Gewerkschaft und Edeka über einen Tarifvertrag ohne Ergebnis. Eine Verdi-Sprecherin betonte am Donnerstag auf Anfrage, dass auch die Gewerkschaft an einer "zeitnahen Einigung" interessiert sei. Dies müsse jedoch auf Grundlage der Ministererlaubnis geschehen - und die sieht strenge Auflagen zur Sicherung der Arbeitsplätze vor.

Vor allem in Nordrhein-Westfalen scheinen die Positionen beider Seiten noch weit auseinander. Zu den Knackpunkten gehört etwa das Schicksal der Mülheimer Zentrale. Trotzdem gab sich Haub unter Berufung auf Verhandlungskreise nun zuversichtlich, dass noch bis Monatsende ein Ergebnis erzielt werden könne.

Kommt keine Einigung zustande, könnte die Ministererlaubnis doch nicht genutzt werden - mit unabsehbaren Folgen für die Beschäftigten der Supermarktkette Kaiser`s Tengelmann. Eine Zerschlagung werde zu einer "massiven Arbeitsplatz-Belastung" führen, warnte Haub. "So oder so" müsse nun eine Lösung gefunden werden. Wobei er offen ließ, wer schließlich die Abwicklung der Supermarktkette übernehmen könnte.

Noch bis vor einigen Wochen hatte sich Edeka-Chef Markus Mosa optimistisch gezeigt, dass die heftig umstrittene Fusion zügig umgesetzt werden könne. Nach einem Verbot durch das Kartellamt hatte erst die Ministererlaubnis von Sigmar Gabriel (SPD) den Weg unter der Auflage frei gemacht, dass Edeka mit den Gewerkschaften rechtssichere Verträge für die Beschäftigten aushandelt.

Nun wird der Fall für alle Beteiligten zur Nervenprobe.

Edeka-Chef Mosa hatte zuletzt bei der Bilanzvorlage Ende April eindringlich darauf hingewiesen, dass die geplante Übernahme für den mit einem Marktanteil von mehr als 27 Prozent führenden deutschen Lebensmittel-Einzelhändler "extrem wichtig" sei. "Sie bringt uns in der Expansion um viele Jahre nach vorn", so Mosa damals. Am Donnerstag war das Unternehmen für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Während die Fusion weiter in der Schwebe ist, reißt unterdessen die Kritik an dem geplanten Zusammenschluss nicht ab. Nachdem Monopolkommissions-Chef Daniel Zimmer aus Protest gegen die Entscheidung von Gabriel zurückgetreten war, erneuerte auch sein Nachfolger Achim Wambach die Kritik. Die Gegner der Fusion befürchten, dass der Wettbewerb im Lebensmittelhandel durch den Zusammenschluss beider Ketten weiter eingeschränkt werden könnte.

Gabriel hatte dagegen betont, dass aus seiner Sicht der Schutz von Arbeitsplätzen wichtiger sei als die Bedenken des Kartellamts./uta/DP/she (dpa) 

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