Neues zum Thema Bieraroma

Über 20 Jahre alte Annahme widerlegt

29.09.2023

Die Inhaltsstoffe des Hopfens machen Bier nicht nur haltbar und bitter, sondern können auch dessen Aroma wesentlich beeinflussen. Ein wichtiger Schlüsselgeruchsstoff im Hopfen ist das Linalool, das einen blumigen und zitrusartigen Duft besitzt. Unter Federführung des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München hat nun ein Freisinger Forschungsteam eine rund 20 Jahre alte Annahme über diesen Geruchsstoff widerlegt. Die neue Studie trägt dazu bei, Veränderungen des Bierbouquets während des Brauprozesses und der Bieralterung besser zu verstehen.

Gisela Olias

Echter Hopfen

Joseph Krpelan

Dr. Klaas Reglitz

Gisela Olias
Joseph Krpelan

In Hopfen und Bier finden sich zwei Molekülvarianten des Geruchsstoffs Linalool: die Enantiomere (R)- und (S)-Linalool. Beide Moleküle bestehen aus derselben Anzahl und Art von Atomen, die auf die gleiche Weise miteinander verbunden sind. Dennoch haben sie eine unterschiedliche räumliche Struktur und unterscheiden sich wie ein Bild von seinem Spiegelbild. Dieser „kleine“, aber dennoch wesentliche Unterschied schlägt sich auch in unterschiedlichen Geruchsintensitäten der Moleküle nieder.

Darüber hinaus ist seit langem bekannt, dass sich das Bieraroma während des Brauprozesses und der Lagerung verändert, da sich unter anderem ein Teil des im Hopfen vorherrschenden (R)-Linalools in (S)-Linalool umwandelt. Bislang gingen Forschende aufgrund einer Arbeit aus dem Jahr 1999 davon aus, dass die Geruchsschwellenkonzentrationen von (R)-Linalool etwa um den Faktor 80 niedriger liegen als die von (S)-Linalool. Vereinfacht ausgedrückt nahmen sie an, dass (R)-Linalool das Bieraroma wesentlich stärker beeinflusst als sein spiegelbildliches Pendant. Verlässliche Daten zu den Geruchsschwellenwerten beider Substanzen fehlten jedoch.

Präparative Methode optimiert

Um diese Wissenslücke zu schließen und präzisere Vorhersagen zu Veränderungen im Bieraroma zu ermöglichen, hat das Team um den Brau- und Getränketechnologen Klaas Reglitz und den Lebensmittelchemiker Martin Steinhaus vom Freisinger Leibniz-Institut zunächst eine präparative Methode optimiert. In enger Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität gelang es den Forschern so erstmals, enantiomerenreines (S)-Linalool zu isolieren.

Die Reinsubstanz in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben, war eine unabdingbare Voraussetzung, um mit einem geschulten Sensorik-Panel die spezifischen Geruchsschwellenkonzentrationen der beiden Geruchsstoffvarianten in Wasser und ungehopftem Bier zu bestimmen. Denn bislang ist lediglich (R)-Linalool als Reinsubstanz kommerziell verfügbar.

Wie das Team zeigte, lagen die Schwellen von (R)- und (S)-Linalool in Wasser bei 0,82 bzw. 8,3 Mikrogramm pro Kilogramm. In ungehopftem Bier ermittelte das Team Schwellenwerte von 6,5 Mikrogramm pro Kilogramm für (R)-Linalool und 53 Mikrogramm pro Kilogramm für (S)-Linalool.

Einfluss von (R)-Linalool überschätzt

„Unsere Ergebnisse bestätigen damit zwar die zuvor postulierte höhere Geruchspotenz von (R)-Linalool. Sie widerlegen aber auch die bisherige Annahme, dass sich die Geruchsschwellenkonzentrationen der beiden Enantiomere extrem stark unterscheiden. Stattdessen zeigt die Studie, dass der Unterschied nur etwa das Acht- bis Zehnfache beträgt“, sagt Martin Steinhaus, Leiter der Sektion I und der Arbeitsgruppe Food Metabolome Chemistry am Leibniz-Institut.

Erstautor Klaas Reglitz ergänzt: „Die Umwandlung von (R)- in (S)-Linalool hat also keinen so großen Einfluss auf das Bieraroma wie lange Zeit angenommen. Dank unserer Studie verstehen wir nun besser, wie und warum sich das Aroma während der Lagerung verändert“.

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