Bayreuther Forschende über neue bedenkliche Arsen-Verbindungen im Reis

28.11.2023
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Symbolbild

In dieser Woche geht es bei der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit wieder einmal um Arsen in Reis, zum Reiswaffeln: CONTAM, das Gremium, das die Behörde zu Kontaminationen und unerwünschten Rückständen in Lebensmitteln berät, diskutieren über organische Arsenverbindungen, unter denen sich bislang nicht reglementierte, für die menschliche Gesundheit aber wahrscheinlich bedenkliche Arsen-Verbindungen befinden. Bayreuther Forscher*innen verfolgen eine dieser versteckten Gefahren im Reis schon länger.

Reis ist das Hauptnahrungsmittel für über 50% der Weltbevölkerung. Reis ist aber auch eine der Hauptquellen für den Menschen zur Aufnahme von Arsen. Anorganisches Arsen ist als krebserregend eingestuft, und es gibt Grenzwerte, die Reis und Reisprodukte einhalten müssen. Organisches Arsen wurde dagegen bisher als nur „möglicherweise krebserregend“ eingestuft und ist nicht reglementiert. Allerdings zeigten erste Studien von 2021 (doi.org/10.1021/acs.jafc.0c06853), bereits, dass sich unter organischem Arsen ein großer Anteil an sog. Dimethylmonothioarsenat (DMMTA) verstecken kann. Aus Zelltoxizitätsstudien ist bekannt, dass DMMTA deutlich toxischer als andere organische Arsen-Verbindungen ist und mindestens so toxisch wie oder gar toxischer als anorganisches Arsen.

An der Universität Bayreuth haben sich die Umweltgeochemikerin Prof. Dr. Britta Planer-Friedrich und der Pflanzenphysiologe Prof. Dr. Stephan Clemens im Rahmen von DFG- und BMBF-geförderten Projekten in den letzten Jahren intensiv mit der Entstehung und dem Vorkommen von DMMTA in Reisböden, der Reispflanze und dem Reiskorn beschäftigt und sind überzeugt: „Wir brauchen dringend eine Berücksichtigung von DMMTA bei der Arsen-Grenzwertsetzung in Reis.“ Im Journal of Agricultural and Food Chemistry hatten sie bereits 2022 gewarnt, dass DMMTA ein potentiell “blinder Fleck” bei den derzeit geltenden weltweiten Grenzwerten für Arsen in Reis sein könnte (doi.org/10.1021/acs.jafc.2c02425). Untersuchungen an verschiedenen Reissorten weltweit haben gezeigt, dass DMMTA weit verbreitet ist. Die neueste Studie der Gruppe im Journal Food Chemistry (doi.org/10.1016/j.foodchem.2023.137723) zeigt zudem sehr hohe Gehalte in Reiswaffeln, die vor allem von Kindern häufig konsumiert werden.

Ein grundsätzliches Problem ist, dass das Bewusstsein für die Gefahr von DMMTA erst langsam wächst. Kommerzielle Labore können mit den derzeitigen Analyse-Verfahren DMMTA nicht von anderen, weniger toxischen organischen Arsen-Verbindungen unterscheiden. Aus Sicht der Bayreuther Forschenden wäre, solange zuverlässige Methoden für die Bestimmung von DMMTA fehlen, der sicherste Weg, Gesamtarsen zu regulieren. Dies hätte allerdings erhebliche Einschränkungen der Verfügbarkeit von „Arsen-sicherem“ Reis zur Folge.

Dass die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit sich des Themas jetzt annimmt und DMMTA als „emerging contaminant“ diskutiert, ist ein wichtiger erster Schritt. Allerdings werden bis zur Berücksichtigung von DMMTA für eine Grenzwertsetzung vermutlich noch umfangreiche weitere Studien benötigt werden. Bis dahin bleibt für den Verbraucher die Unsicherheit, wieviel DMMTA sich in kommerziell erhältlichem Reis oder Reisprodukten versteckt.

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