Die unsichtbare Grenze: Lebensmittelverpackungen zwischen Schutz und verborgenen Risiken

05.03.2024
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Verpackungen halten Lebensmittel länger frisch – können unter Umständen aber auch Risiken bergen.

Lebensmittelverpackungen sind für die Sicherheit und Haltbarkeit unserer Nahrung essentiell, können jedoch auch Gesundheitsrisiken durch Stoffübertragungen wie Bisphenol A und Phthalate bergen. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen betont die Notwendigkeit strenger Regulierungen zur Minimierung dieser Risiken, während es gleichzeitig die Bedeutung von Verpackungen für Schutz und Marketing anerkennt.

Bei der Haltbarkeit und Sicherheit unserer Lebensmittel spielen Lebensmittelverpackungen eine zentrale Rolle. Doch während sie dazu beitragen, unsere Nahrung vor Verderb und Kontamination zu schützen, bergen sie zugleich potentielle Gesundheitsrisiken.

Notwendigkeit und Funktionen von Lebensmittelverpackungen

Laut Sarah Camenisch, Mediensprecherin beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), sind Lebensmittelverpackungen unerlässlich, um Lebensmittel vor äusseren Einflüssen zu schützen und deren Haltbarkeit zu gewährleisten, respektive zu verlängern. «Zudem dienen sie als Fläche, um die gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnungen anzubringen und für die Lebensmittelindustrie sind Verpackungen auch ein wichtiges Marketinginstrument», erklärt die BLV-Sprecherin weiter. In einer Zeit, in der die Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend Wert auf die Qualität und Sicherheit ihrer Lebensmittel legen, sind Verpackungen somit unverzichtbar.

Stoffmigration bei Verpackungen

Es bestünden grundsätzlich zwei Risiken, erklärt Sarah Camenisch: «Einerseits die Gefahr, die von einem Stoff an sich ausgeht und andererseits das Risiko, dass eine Exposition gegenüber diesem Stoff zu einer Gefährdung der Gesundheit führt.» Und gerade bei Lebensmittelverpackungen ist die Wahl des Verpackungsmaterials entscheidend, da Stoffe aus der Verpackung in die Lebensmittel übergehen können.

«Dies ist besonders bei Substanzen kleinerer Grösse relevant», sagt Sarah Camenisch. Faktoren wie die physikalisch-chemischen Eigenschaften der migrierenden Substanzen, das Verpackungsmaterial, das Lebensmittel selbst – beispielsweise der Fettgehalt, Temperatur, Lagerungsdauer und die Grösse der Verpackung spielen dabei eine Rolle. Grundsätzlich seien Stoffübergänge bei fettreichen Lebensmitteln und grossen Kontaktflächen im Vergleich zum Gewicht des Lebensmittels am höchsten, erklärt Sarah Camenisch. Zum Beispiel bei Plastikfolien für fettreiches Fleisch oder bei Konservendosen mit Fisch, der in Öl eingelegt ist.

Gesundheitsrisiken durch Verpackungsmaterialien

Gesundheitsrisiken entstehen durch Stoffe wie Bisphenol A (BPA), Phthalate und Schwermetalle, die unter bestimmten Bedingungen in Lebensmittel übergehen können. So wird BPA zur Herstellung bestimmter Kunststoffe und Harze verwendet, die bei der Herstellung von Wasserspendern, Lebensmittelbehältnissen oder Mehrweg-Getränkeflaschen eingesetzt werden oder als Schutzbeschichtungen und Innenauskleidungen in Konserven- und Getränkedosen dienen.

Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) habe letztes Jahr eine wissenschaftliche Stellungnahme zu BPA veröffentlicht, die unter anderem den Anstieg der T-Helferzellen in der Milz, den BPA verursachen kann, als kritisch betrachtete, so das BLV. Demnach spielten T-Helferzellen eine Schlüsselrolle bei den zellulären Immunmechanismen und eine Erhöhung ihrer Konzentration im Körper könne zu allergischen Lungenentzündungen und Autoimmunerkrankungen führen. Und auch für die Kunststoff-Weichmacher Phthalate gibt es eine wissenschaftliche Stellungnahme der EFSA, welche die damit verbundenen potentiellen Gesundheitsgefahren, einschliesslich hormoneller Störungen und toxischer Wirkungen auf Organe, hervorhebt.

Minimierung des Risikos und Regulierung von Verpackungsmaterialien

Verbraucherinnen und Verbraucher können das Risiko einer Kontamination aber durch sorgfältigen Umgang mit Lebensmittelverpackungen minimieren. Das BLV rät dazu, Anwendungshinweise stets zu beachten und beispielsweise Schutzfolien bei Tiefkühlprodukten vor dem Backen zu entfernen. «Ausserdem dürfen nur sichere Verpackungen in Verkehr gebracht werden – Verpackungen dürfen zu keiner Kontamination von Lebensmitteln führen», betont Sarah Camenisch, wobei die Verantwortung sowohl bei den Herstellern als eben auch bei den Verbrauchern liege.

Um die Sicherheit und Eignung von Verpackungsmaterialien aber zu gewährleisten, sind diese streng reguliert: «Verpackungen sind als Bedarfsgegenstände im Lebensmittelrecht reguliert», erklärt Sarah Camenisch weiter. Es würden Höchstwerte festgelegt, die eine Sicherheitsmarge beinhalten, so die BLV-Sprecherin weiter: «Das heisst, die Höchstwerte für die Stoffe sind so tief angesetzt, dass eine Gefährdung der Konsumierenden nicht zu erwarten ist.»

Es gelten spezifische Anforderungen für verschiedene Materialien, wie Kunststoffe, für die eine abschliessende Liste aller erlaubten Ausgangsstoffe existiert. Die Hersteller müssen die Einhaltung dieser Anforderungen überprüfen und gewährleisten, während die kantonalen Vollzugsbehörden die Kontrolle übernehmen.

Zukünftige Regulierungen und internationale Standards

Gleichzeitig arbeitet das BLV kontinuierlich daran, die Regulierungen anzupassen und zu verbessern, um den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher zu gewährleisten. «Mit den neuesten Methoden der Analytik lassen sich schon kleinste Mengen von Stoffen nachweisen, die aus Verpackungen in Lebensmittel übergehen können – es wird daher immer wichtiger, für Verunreinigungen, Abbau- und Nebenprodukte von Ausgangstoffen eine einheitliche Regelung zu finden», beschreibt Sarah Camenisch aber die Herausforderung dabei.

Mit der aktuellen Revision des Lebensmittelrechts, bei der für Druckfarben auf Verpackungen neue Regelungen eingeführt wurden, und der geplanten stärkeren Regulierung von Bisphenolen im Rahmen der nächsten Revision zeige das BLV aber, dass es bereit sei, auf diese Herausforderungen zu reagieren. Zudem folgt die Schweiz dem Grundsatz, die Regelungen in der Europäischen Union zu prüfen und gegebenenfalls zu übernehmen, insbesondere bei Lebensmittelkontaktmaterialien wie Kunststoffen.

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