Pestizide, Hopfen & Malz: Beschleunigung des Bierrückgangs?
Kommentar von Jan Stahlbock, Branchenexperte bei Dr. Wieselhuber & Partner
Die Braubranche hat es seit Jahren recht schwer. Anhaltende Wertvernichtung durch Preispromotions im Handel, rückläufige Konsumentenzahlen und die Schwierigkeit das Mengenminus mit neuen Produkten zu kompensieren halten den Markt auf Trab. Und jetzt das: Spuren von Glyphosat, einem Pestizid zur Unkrautvernichtung, wurde in einigen Fernsehbieren nachgewiesen. Die Jubiläumsfeier des Reinheitsgebots scheint erstmal verdorben. Ist dies ein weiterer Beschleuniger für den Rücklauf der Kategorie Bier?
Nein. Vielmehr ist der demographische Trend der wesentliche Treiber, der die Volumina langfristig schrumpfen lässt. Nehmen die (jungen) Verbraucher ihr Einkaufsverhalten mit in die Zukunft („Kohorteneffekt“), so ist ein Rückgang aus der Konsumzurückhaltung in den nächsten 20 Jahren deutlich dramatischer als eine Extensivierung durch einen Lebensmittelskandal.
Die Vergangenheit hat gezeigt: Das Vertrauen der Verbraucher lässt sich wieder herstellen. Beispielsweise hat rückblickend der Obst- und Gemüseskandal bei Lidl dazu geführt, dass kontinuierlich in die Qualität investiert wurde. Heute schneidet Lidl bei den Konsumenten unter den Discountern als Bester im Bereich Obst und Gemüse ab (GfK Befragung unter 9.000 Verbrauchern im Herbst 2015).
Pestizide wurden auch in anderen verpackten Waren gefunden, z.B. in Wasser oder zuletzt in Müsli - wo die Belastung übrigens durchaus stärker war. Zusammengebrochen sind die Märkte deshalb aber nicht. Vor allem durch die zunehmende Bevorzugung regionaler Marken, Spezialitäten und ggf. auch die anhaltende Nachfrage nach Biobieren könnte - zumindest vorübergehend - der Markt sogar einen Aufschwung erfahren.
Die betroffenen Bier-Marken müssen jetzt das Vertrauen der Verbraucher wiederherstellen. Mittelfristig bleibt es sicher spannend, ob die üblichen Marktmechanismen wieder "anziehen". Steht erst Mal die Fußball-EM in Frankreich an, dann zeigt es sich, ob Preis und Promotion die Skepsis beim Verbraucher verdrängen können.
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