Monsanto finanzierte verdeckt Glyphosat-Studien zur Lobbyarbeit

LobbyControl fordert lückenlose Aufklärung und umfassende Transparenz von Bayer

09.12.2019 - Deutschland

Nach Recherchen von LobbyControl hat Monsanto in der Debatte um Glyphosat mit verdeckt finanzierten Studien versucht, die öffentliche und politische Debatte in Deutschland und der EU zu beeinflussen. Der Konzern finanzierte dazu zwei Studien des Instituts für Agribusiness in Gießen. Diese Studien wurden ohne Nennung von Monsanto veröffentlicht und fanden so Eingang in wissenschaftliche Aufsätze, Medienberichte und Lobby-Materialien. Der Studienautor hatte noch vor wenigen Wochen behauptet, die Studien zu Glyphosat seien ohne Unterstützung durch Dritte entstanden. LobbyControl liegen nun Protokolle vor, die die Finanzierung durch Monsanto belegen. Bayer als heutiger Monsanto-Eigentümer räumte LobbyControl gegenüber inzwischen ein, dass Monsanto die Studien beauftragt und finanziert habe.

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Ein Glyphosat-Verbot würde in der EU Wohlstandsverluste in Milliardenhöhe verursachen. Außerdem sei Glyphosat ökologisch vorteilhaft. Mit diesen Botschaften warben Monsanto und andere Glyphosat-Hersteller für die Wiederzulassung des Unkrautvernichters. Als Beleg dienten dabei zwei Studien vom Institut für Agribusiness (IAB) aus Gießen. Die Ergebnisse der Studien wurden auch in anerkannten wissenschaftlichen Journalen publiziert. In keiner der Veröffentlichungen wurde benannt, dass die Studien von Monsanto finanziert wurden. Die Studien tauchten deshalb in Medienberichten und Bundestags-Reden als neutrale Wissenschaft auf.

Ulrich Müller von LobbyControl kritisiert das Verschleiern der wirtschaftlichen Interessen hinter den Studien: „Monsanto benutzte Kronzeugen mit Professorentitel, um den eigenen Botschaften Glaubwürdigkeit zu verleihen und sich mehr Gehör in der Öffentlichkeit und Politik zu verschaffen. Das Verschleiern der wirtschaftlichen Interessen erschwert das kritische Hinterfragen und Einordnen der Studien. Diese Form von verdeckter Einflussnahme ist inakzeptabel.“

Die Ergebnisse der Studien wurden u.a. im Journal für Kulturpflanzen publiziert. Diese Fachzeitschrift wird vom Julius-Kühn-Institut herausgegeben, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Das Institut ist eine öffentliche Einrichtung, das dem Bundeslandwirtschaftsministerium unterstellt ist. Außerdem wird als Kontakt die Universität Gießen angegeben, an der der IAB-Leiter einen Lehrstuhl hatte. Es handelte sich aber nicht um Universitätsforschung, sondern um Auftragsforschung des privaten Institut für Agribusiness. Das Journal sagte auf Anfrage von LobbyControl, dass die Nicht-Nennung von Monsanto ihrer Publikationsethik und ihrem Anspruch an wissenschaftliche Veröffentlichungen widersprächen. Die Veröffentlichungen sollen geprüft werden. Wenn sich der Verdacht bestätige, würden die Aufsätze bis zum 31.12.2019 zurückgezogen. „Es ist gut und wichtig, dass die Aufsätze geprüft werden. Monsantos Wissenschaftslobbyismus muss nun umfassend aufgeklärt werden“, so Müller weiter.

„Bayer als neuer Monsanto-Eigentümer muss offenlegen, welche Wissenschaftler und Studien Monsanto für Lobbyzwecke finanzierte“, fordert Müller. „In der Debatte um die erneute Glyphosat-Zulassung dürfen nicht erneut Studien als neutrale Wissenschaft verwendet werden, die in Wirklichkeit von der Industrie beauftragt und bezahlt wurden. Wir erwarten hier eine klare Zusage von Bayer und den anderen Glyphosat-Herstellern, bei allen Studien im jetzt beginnenden Prozess zur Wiederzulassung von Glyphosat 2022 die Finanzierung klar zu benennen.“ Dies müsse gerade für die Studien gelten, die für die Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit angefertigt werden.

Bayer steht hier in einer doppelten Verantwortung für Aufklärung zu sorgen, so Müller. Denn Bayer CropScience war selbst im Vorstand des IAB-Trägervereins vertreten und arbeitete lange Jahre mit dem Institut und Prof. Schmitz zusammen.

Auch die Universität Gießen prüft den Fall. Die Universität hat in ihrer Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis bislang keine Regeln zur Angabe von Finanzierungsquellen in der Auftragsforschung. Der Fall soll nun zum Anlass genommen werden, um „dahingehende mögliche Anpassungen der Satzung in der Universität zu diskutieren.“

LobbyControl begrüßt das: „Universitäten und Wissenschaftseinrichtungen haben eine Verantwortung dafür, den Missbrauch von wissenschaftlicher Reputation für Lobbyzwecke zu unterbinden. Sie sollten klare Regeln haben, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Offenlegung ihrer Finanziers verpflichten. Dies muss auch bei in Nebentätigkeit durchgeführten Forschungsprojekten gelten. Private Neben-Institute wie das Institut für Agribusiness dürfen nicht als Maskerade für interessengeleitete Auftragsforschung dienen und dabei Reputation und Ressourcen der Universitäten nutzen.“

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