Lidl macht Schluss mit an Kinder gerichteter Junkfood-Werbung
foodwatch: Konkurrent Aldi muss nachziehen!
foodwatch
Lidl will Lebensmittel seiner Eigenmarken, die nach den Nährwert-Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als ungesund gelten, nicht mehr an Kinder bewerben. So sollen bis Ende 2025 nur noch die Verpackungen ausgewogener Produkte mit Comicfiguren oder Spielzeugbeigaben für Kinder gestaltet werden, erklärte das Unternehmen heute. Ausnahmen soll es lediglich für Saisonartikel an Weihnachten, Ostern und Halloween geben. Auch im Fernsehen, Internet und Radio will der Discounter nur noch gesunde Lebensmittel an Kinder vermarkten.
„Als erstes Handelsunternehmen wird Lidl Kinder nicht mehr mit bunten Bildern und Comicfiguren auf den Verpackungen von Zuckerbomben und fettigen Snacks ködern. Im Gegensatz zu den laschen Selbstverpflichtungen anderer Lebensmittelunternehmen, orientiert sich Lidl an den wissenschaftlich fundierten Kriterien der Weltgesundheitsorganisation. Angesichts grassierender Fehlernährung bei jungen Menschen mit zum Teil tödlichen Folgen ist der Vorstoß von Lidl ein wichtiger, aber auch längst überfälliger Schritt. Konkurrent Aldi muss dem Beispiel von Lidl folgen und sein dreistes Junkfood-Marketing auf Kosten der Kindergesundheit stoppen“, erklärte Luise Molling von foodwatch.
Aldi hat laut einem foodwatch-Schnellcheck etliche ungesunde Produkte in Kinderoptik im Sortiment. Fünf Beispiele:
-
Knusperone Honey Wheat: Die Frühstücksflocken sind nicht nur angeblich „yummy“, sondern enthalten auf 100 Gramm insgesamt 33 Gramm Zucker. In der 750-Gramm-Packung stecken damit mehr als 80 Zuckerwürfel. Das ist mehr als doppelt so viel Zucker wie von der WHO als Obergrenze für Kindermarketing erlaubt.
Meine Kuchenwelt Hörnchen mit Nuss-Nougat-Creme: Aldi schmückt die Verpackung des Produkts mit einem lachenden Eichhörnchen und adressiert damit explizit Kinder. Dabei besteht das Gebäck zu mehr als der Hälfte aus Fett und Zucker ist damit alles andere als kindgerecht. Laut dem sogenannten Nährwert-Profilmodell der WHO sollte sich die Aufmachung und Werbung des Produktes gar nicht erst an Kinder richten.
Trinkpäckchen Tropical Bay: Das Getränk schmückt sich mit Pinguinen und Papageien, ist mit 8,9 Gramm Zucker auf 100 Milliliter jedoch fast so zuckrig wie die klassische Coca-Cola (10,6 Gramm/100 Milliliter). Gesundheitsexpert:innen sehen gesüßte Getränke mit Blick auf die Entstehung von Übergewicht besonders kritisch. Sie liefern ausschließlich "leere Kalorien", enthalten also weder wichtige Nährstoffe noch machen sie satt.
Choceur Milchmäuse: Die Schokoladenbonbons bestehen zu mehr als 80 Prozent aus Zucker und Fett. Sie sollten, wie alle Süßigkeiten, nach Ansicht der WHO gar nicht an Kinder beworben werden.
Milsani Schoko- und Sahnepudding mit Schokolinsen: Die bunten, knusprigen Schokolinsen machen den Pudding nicht nur attraktiv für Kinder, sondern verwandeln ihn auch in eine Zuckerbombe: Der kleine 155-Gramm-Becher enthält knapp 30 Gramm Zucker – also 10 Zuckerwürfel. Auch dieses Produkt sollte sich laut WHO nicht an Kinder richten.
Das Nährwertprofil-Modell der WHO bewertet Lebensmittel anhand ihrer Nährwertzusammensetzung dahingehend, ob sie sich im Marketing an Kinder richten dürfen oder nicht. Dabei sind die Anteile von Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz, aber auch der Kaloriengehalt, Zuckerzusätze und zugefügte Süßstoffe ausschlaggebend.
Ähnlich wie bei Lidl spielen Eigenmarken bei Aldi eine große Rolle. Nach Angaben von Aldi Süd bestehen 90 Prozent des Sortiments aus Eigenmarken. Bei Aldi Nord sollen es 85 Prozent sein. Andere große Handelsketten wie Edeka und Rewe haben mit rund 20 Prozent einen deutlich niedrigeren Anteil von Eigenmarken. Darunter finden sich kaum Produkte mit Kinderoptik.
Um Kinder zu schützen, hatten die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag angekündigt, gegen Junkfood-Werbung vorzugehen. Das Bundesernährungsministerium dürfte schon in Kürze einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Dieser wird jedoch in erster Linie die Werbung im TV, Radio und Internet umfassen, nicht die Verpackungsgestaltung. foodwatch warnt vor einem Schlupfloch: Mit Comicfiguren auf Verpackungen von Süßwaren und fettigen Snacks fördere die Lebensmittelindustrie Fehlernährung insbesondere bei Kleinkindern, die über andere Kanäle kaum erreicht würden, aber mit ihren Eltern einkaufen gingen, mahnte die Verbraucherorganisation.
Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett oder Salz hat nachweislich einen Einfluss auf das Essverhalten. Kinder essen etwa doppelt so viel Süßigkeiten, aber nur halb so viel Obst und Gemüse wie empfohlen. Aktuell sind etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Übergewicht und sechs Prozent sogar von starkem Übergewicht (Adipositas) betroffen. Ihnen drohen im späteren Leben Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen. Jeder siebte Todesfall in Deutschland ist laut Daten der OECD auf ungesunde Ernährung zurückzuführen.