Gesundheit: Mineralöl in Lebensmitteln

05.09.2016 - Deutschland

In vielen Lebensmittelverpackungen befinden sich Rückstände von Mineralöl, die in die Lebensmittel übergehen können. "Plusminus" liegen neue Erkenntnisse vor, wie gefährlich die Verpackungen für den Menschen tatsächlich sind.

Mineralöl – eigentlich gehört es in den Tank, es steckt aber in vielen, auch gesunden Lebensmitteln. Zum Beispiel in Müsli, Reis oder Haferflocken. Bis zu einem Liter verspeisen wir in unserem Leben. Doch, wie kommt das Öl eigentlich in unsere Nahrung?

Über verschiedene Wege: Bei der Produktion gelangen etwa Schmieröle von Maschinen in die Ernte. Aber auch beim Transport der Produkte: Jutesäcke und Wellpappkartons sind mit Mineralöl belastet. Oder durch die Verpackung selbst. Denn ein Großteil der Verpackungen besteht aus recyceltem Karton. Darin sind viele mit Mineralöl bedruckte Zeitungen verarbeitet. So gelangt das Öl in den Verpackungskreislauf. Über die Luft wandern die schädlichen Stoffe aus der Verpackung in die Lebensmittel und letztlich in unseren Körper.

Gravierende gesundheitliche Folgen

"Plusminus" liegt exklusiv eine Studie der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA vor. Sie zeigt, dass die gesundheitlichen Folgen des Mineralöls gravierender sind als bislang vermutet.

Koni Grob ist ein Schweizer Lebensmittelchemiker. Er hat als einer der Ersten vor vielen Jahren das Mineralöl-Problem aufgedeckt. Grob hat an der neuen Studie mitgewirkt. Monatelang wurden dazu Ratten mit extrem hohen Dosen Mineralöl gefüttert und später gemessen, wie viel sich davon in ihren Organen anreichert. Gleichzeitig hat man Mineralöl-Rückstände in menschlichen Organen untersucht. Das Ergebnis ist alarmierend. Die Konzentrationen, die sich über Jahre bei uns Menschen ansammeln, sind viel höher als erwartet – sogar höher als bei den Ratten, die Mineralöl pur bekommen haben. Bis zu 13 Gramm Mineralöl kann sich im Laufe unseres Lebens im Körper anreichern. Der Schadstoff Mineralöl kann unsere Organe schädigen und krebserregend sein, warnen Experten. "Es geht nicht darum, ob man jetzt gleich stirbt", sagt Grob. "Chronische Vergiftung ist eine schleichende Seuche, die uns Lebensenergie kostet, die bewirkt, dass ein oder mehrere Organe nicht optimal funktionieren."

Auch das Bundesamt für Risikobewertung warnte schon vor Jahren vor Mineralöl in Lebensmitteln, empfahl dringend, die Mengen zu minimieren. Und auch die Politik kennt das Mineralöl-Problem seit Jahren. Was tut sie, um uns zu schützen? Das zuständige Bundesministerium für Ernährung verweist auf die EU sowie die Lebensmittel-Hersteller, die für die Sicherheit zu sorgen hätten. Und darauf, dass Verordnungen in Arbeit seien, die die Lage langfristig verbessern sollen. Die Entwürfe werden seit Jahren diskutiert, konkrete Umsetzungen fehlen aber. Bislang gibt es nur unverbindliche Grenzwerte für Mineralöl im Essen. Und selbst die seien noch viel zu hoch und müssten nach unten korrigiert werden, meint der Lebensmittelchemiker Koni Grob.

Wie reagiert die Politik auf die neusten Erkenntnisse?

Erst einmal gar nicht. Sowohl das Bundesministerium als auch die zuständige Europäische Behörde (EFSA) wollen sich bis zur Veröffentlichung nicht äußern. Aber auch Industrie und Handel sind gefragt, denn tatsächlich gäbe es schnelle Lösungen auf dem Markt. Zum Beispiel in Alfeld. Dort befindet sich einer der größten Verpackungshersteller für Kartonschachteln. Die Kartons werden mit besonderen Schutzschichten hergestellt, so genannte "funktionelle Barrieren". Das ist eine Extra-Schicht, die wie eine Schutzmauer gegen das Öl wirkt. Die Nachfrage nach diesen speziellen Verpackungen liegt allerdings unter zehn Prozent.

Im Vergleich zu der Standard-Verpackung kostet die extrabeschichtete nur wenige Cent mehr. Ein Einsparfaktor?

Schließlich herrscht auch auf dem Verpackungsmarkt ein harter Preiskampf. In einem internen Brief, der "Plusminus" vorliegt, hat ALDI Süd die Hersteller seiner Eigenmarken dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass kein Mineralöl mehr nachweisbar ist.

Und die anderen? Wir fragen bei weiteren Lebensmittelketten nach. Rewe antwortet uns nicht. Die Restlichen erklären alle, ihre Hersteller in die Pflicht zu nehmen und eine Reduzierung von Mineralöl anzustreben.

Immerhin: Das Problem scheint erkannt zu sein. Wie viele Verpackungen in den Regalen bereits solche Schutzbarrieren haben, das wollte uns allerdings keiner sagen.

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