Lebensmittellogistik in Zeiten der Corona-Pandemie

20.03.2020 - Deutschland

Während andere Branchen aktuell Kurzarbeit beantragen, haben der Lebensmittelhandel und die damit verbundene Logistik derzeit einen Mehrbedarf an Arbeitskräften. „Die Versorgung ist gewährleistet. Es benötigt nur eben etwas Zeit, bis die Regale wieder gefüllt sind. Mit dieser zusätzlichen Nachfrage, die auch nur ganz bestimmte Warengruppen und Preissegmente betrifft, konnte der Handel vorab nicht rechnen. Das unterscheidet die aktuelle Situation vom Feiertagsgeschäft (Weihnachten und Ostern). Hier hat der Handel Erfahrungen aus der Vergangenheit und bereitet sich ganz gezielt vor“, erklärt Prof. Dr. Heinrich Kuhn von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU).

Alexas_Fotos/ Pixabay

Der Logistik-Experte ist Inhaber des Lehrstuhls für Supply Chain Management an der KU und veröffentlichte vor kurzem eine Studie zu den Herausforderungen von Oster- und Weihnachtsfeiertagen für die Lebensmittel-Logistik.

Leere Regale seien in der aktuellen Situation meist kein Hinweis auf einen längerfristigen Produktmangel, sondern eher auf einen akuten, kurzfristigen Kapazitätsmangel in Produktion und Logistik. Es benötige eine gewisse Zeit, bis die Regale wieder gefüllt werden können. Manche Filialen würden auch nur einmal pro Woche beliefert. Wenn aber bei einem Produkt die Tagesnachfrage die ansonsten übliche Nachfrage von zwei Wochen erreicht, dann ist das Regal halt eben u.U. nur einen halben Tag gefüllt und dann an den weiteren fünf Verkaufstagen leer.

„Die logistischen Prozesse sind sehr fein abgestimmt und einjustiert, um den Kunden bei Normalnachfrage die vielen unterschiedlichen Produkte – etwa 50.000 unterschiedliche Produkte in einem normalen Lebensmittelsupermarkt – mit hoher Verfügbarkeit und vor allem zu akzeptablen Preisen anbieten zu können“, so Kuhn. Die Warenverteilzentren der Lebensmittelhändler hätten nur eine gewisse Tageskapazität für Kommissionierung, Ein- und Auslagerung sowie zum Transport der Produkte zur Verfügung.

„Die Produkte sind aber verfügbar, entweder beim Lieferanten oder sie liegen bereits im Verteilzentrum des Handels. Also keine Sorge, der Nachschub wird klappen!“ Selbst bei kritischen Warengruppen wie Desinfektionsmitteln rechne Kuhn mittelfristig mit Entspannung. Es bestünden keine besonderen Gründe, sich mit Mengen zu bevorraten, die über den Mengen liegen, welche man ohnehin immer zuhause haben sollte.

„Wesentlich erscheint mir in dieser angespannten Situation anzuerkennen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Lebensmittelhandel und Drogerien zurzeit eine wesentliche Versorgungsleistung für uns alle leisten – und dies im internationalen Vergleich mit sehr effizienten Logistiksystemen“, betont Kuhn. Mit dieser Kenntnis bestehe kein Grund zu Hamsterkäufen, selbst wenn kurzzeitig kein Toilettenpapier verfügbar sei. Ein respektvoller Umgang im Supermarkt beinhalte auch, notwendige Distanz zu Verkäufern und anderen Kunden zu halten und im Idealfall auch mit Karte zu bezahlen, um Bargeldaustausch zu minimieren.

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