Realitätscheck zur KI-Nutzung im Herzen der deutschen Lebensmittelwirtschaft

Digital Food Monitor 2025 zeigt eine Branche zwischen Aufbruch und Unsicherheit

06.10.2025
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Symbolbild

Die deutsche Lebensmittelwirtschaft steht an der Schwelle eines tiefgreifenden digitalen Wandels. Mit dem erstmals veröffentlichten Digital Food Monitor legen die Kommunikationsberatung Engel & Zimmermann und der Food- und KI-Experte Hendrik Haase in einem Gemeinschaftsprojekt einen umfassenden Realitätscheck zur Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) in der Branche vor. Die Studie zeigt: Das Thema KI ist in den Führungsetagen der Lebensmittelwirtshaft angekommen – doch zwischen einer strategischen Annäherung und dem praktischen Alltag klafft noch immer eine deutliche Lücke.

Die Befragung von Entscheidungsträgern – allesamt auf der Ebene der Inhaber und Geschäftsführungen – offenbart ein hohes Interesse an KI und erste Pilotprojekte. Gleichzeitig bestehen zahlreiche strukturelle Hürden: fehlendes Know-how, mangelnde Orientierung und Unsicherheit über Nutzen und Kosten bremsen die Entwicklung. Der Anteil KI-gestützter Prozesse liegt aktuell bei unter 10 Prozent. KI wird bislang vor allem punktuell eingesetzt – etwa bei der vorausschauenden Wartung von Anlagen, in der Prozessautomatisierung oder zur Reduktion von Energie- und Wasserverbrauch.

KI-Einsatz vor allem mit ChatGPT & Co., aber nicht bei datengetriebener Kreativität

Besonders auffällig: In der Produktentwicklung, dem zentralen Ort unternehmerischer Innovation, findet KI kaum Anwendung. „Während Start-ups längst zeigen, wie datengetriebene Kreativität neue Produkte ermöglicht, bleibt dieser Bereich in vielen etablierten Unternehmen eine analoge Festung. Die Branche läuft Gefahr, Innovationsrhetorik zu pflegen, ohne echte Innovationsdynamik zu entfalten“, so das Fazit von Hendrik Haase.

Ein zentrales Hindernis ist der Mangel an Fachwissen. Nur knapp ein Drittel der Befragten schätzt, dass ihr Team über grundlegende KI-Kenntnisse verfügt. Tiefergehende analytische Kompetenzen und Kenntnisse branchenspezifischer Anwendungen sind kaum vorhanden. Stattdessen dominieren generische Tools wie ChatGPT oder Copilot – ein Hinweis darauf, dass KI derzeit eher als operatives Werkzeug und weniger als strategischer Hebel verstanden wird.

Doch es gibt auch positive Signale: Viele Unternehmen planen konkrete Pilotprojekte und investieren in Schulungen, was darauf hindeutet, dass KI zunehmend als kulturelle und strukturelle Transformation begriffen wird. Die Bereitschaft zum Kompetenzaufbau ist hoch – allerdings wird die externe Rekrutierung von Tech-Talenten skeptisch gesehen. Budgetgrenzen und fehlender Zugang zu Fachkräften machen deutlich: Die Lebensmittelbranche wird von Digitalexperten bislang kaum als attraktives Tätigkeitsfeld wahrgenommen.

Wunsch nach Vernetzung und Erfahrungsaustausch

Ein weiteres strukturelles Defizit zeigt sich in der fehlenden Vernetzung. Zwar kooperieren einige Unternehmen mit Start-ups, Forschungseinrichtungen oder Technologieanbietern – übergreifende Netzwerke, die gezielt die Schnittstelle zwischen Food und Tech adressieren, sind jedoch selten. Gerade dort könnten entscheidende Impulse für neue Lösungen und Strategien entstehen. „In unseren vielen Gesprächen mit den Entscheidern der deutschen Lebensmittelindustrie ist dies eine Aussage, die uns immer wieder begegnet: Es fehlt der Austausch, die Plattform, die mittelständischen Unternehmen hilft, die ersten Schritte in diesem so wichtigen Themenfeld zu gehen“, so Frank Schroedter, Geschäftsführer von Engel & Zimmermann. 

Auch die staatliche Unterstützung bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück. Fast 90 Prozent der befragten Unternehmen haben noch keine Förderprogramme genutzt. Die Mehrheit wünscht sich praxisnähere Beratung, gezieltere Programme und klarere politische Rahmenbedingungen – insbesondere mit Blick auf die Bedürfnisse des Mittelstands.

Ethische Fragen spielen im Umgang mit KI bislang eine untergeordnete Rolle. Wenn Bedenken geäußert werden, betreffen sie vor allem Datenschutz, Haftung und Transparenz. Die Sorge um Jobverluste oder soziale Auswirkungen ist überraschend gering. Gleichzeitig wird die Hoheit über eigene Daten als zentrales Kriterium für die Akzeptanz von KI genannt. Wer künftig eigene KI-Systeme trainieren oder datengetriebene Geschäftsmodelle entwickeln will, muss heute die Grundlagen dafür schaffen – inklusive klarer Regeln für Datennutzung, Speicherung und Kontrolle.

Fazit: Strategische Orientierung fehlt noch, erste Bewegungen sind sichtbar

Der Digital Food Monitor 2025 zeigt eine Branche im Spannungsfeld zwischen Aufbruch und Unsicherheit. Es gibt Offenheit und erste Bewegung – doch es fehlen strategische Orientierung, vertieftes Wissen und strukturelle Unterstützung. Damit KI in der Lebensmittelwirtschaft mehr als ein Schlagwort bleibt, braucht es Plattformen zum Austausch, verbindliche Leitlinien und erprobte Praxisbeispiele. Nur wenn KI als Innovationstreiber gedacht wird – und nicht allein als Effizienztool – kann sie einen nachhaltigen Beitrag zur Zukunft der Branche leisten.

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