Kaffee-Marktcheck zeigt massive Preisunterschiede
102 Produkte im Vergleich: Verbraucherzentralen fordern mehr Transparenz beim Lieblingsgetränk.
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Kaffee ist nach Wasser das beliebteste Getränk in Deutschland. Das Genussmittel bringt Menschen zusammen und ist für viele ein fester Alltagsbegleiter. Laut dem Deutschen Kaffeeverband werden pro Kopf durchschnittlich 164 Liter Kaffee pro Jahr getrunken. Doch seit Jahren steigen die Preise, beim Rohkaffee ist es ein Anstieg um 247 Prozent seit 2020. Das spüren auch die Verbraucher:innen beim Einkauf im Supermarkt oder Fachgeschäft. „Vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen können sich Kaffee teils nicht mehr leisten und werden damit von sozialer Teilhabe ausgegrenzt“, sagt Silvia Monetti, Leiterin des IN FORM Verbundprojekts „Gesund und nachhaltig essen mit kleinem Budget“. Die Verbraucherzentralen haben deshalb im Rahmen des Projekts einen Marktcheck in acht Filialen von Supermärkten und Discountern in Baden-Württemberg durchgeführt und die Preise von insgesamt 102 unterschiedlichen Produkten unter die Lupe genommen. Herausgekommen sind erhebliche Preisunterschiede, die aus Sicht der Verbraucherschützer nicht nachvollziehbar sind.
Insgesamt hat das bundesweit finanzierte Projekt unter Führung der Verbraucherzentrale NRW 50 Varianten von Cafe Crema und 52 von Kaffee Espresso untersucht, in Pulver-, Pad- sowie Kapsel-Form. Erfasst wurden die Grundpreise der Produkte, also Preise pro Kilogramm. Dabei zeigten sich zum Teil große Preisunterschiede innerhalb einer Produktkategorie: Espresso-Kapseln vom selben Markenhersteller kosteten zum Beispiel 73,75 Euro je Kilogramm in einer 88-Gramm-Packung, jedoch 50,70 Euro je Kilogramm in einer 128-Gramm-Packung. „Das ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar“, sagt Projektleiterin Silvia Monetti von der Verbraucherzentrale NRW. „Besonders negativ ist uns Kaffee in Kapsel-Form aufgefallen“, so Monetti: „Hier kann der Kaffee auf ein Kilogramm umgerechnet auch mal 92,26 Euro kosten – das ist mit Abstand am teuersten, und war noch nicht einmal Kaffee in Bio- oder Fairtrade-Qualität.“ Die Kaffeepreise bei den Eigenmarken seien dagegen häufig auf den Cent gleich oder sehr ähnlich.
Vergleich der Grundpreise lohnt sich
Es lohnt es sich also, Grundpreise miteinander zu vergleichen und auch die Kaffeezube-reitungsmethode zu berücksichtigen: Insbesondere Kaffeepulver ist erheblich günstiger als Kaffeekapseln. Große Kaffeepackungen können zwar absolut gesehen teurer sein als kleine, auf den Kilopreis gerechnet sind sie aber oft preiswerter als kleinere und schonen damit den Geldbeutel. Gemahlener Kaffee lässt sich zudem einige Wochen in einem undurchsichtigen, luftdichten Behälter vor Licht, Wärme und Feuchtigkeit geschützt auf-bewahren.
Bio- oder Fairtrade-Produkte teils deutlich günstiger
Ein Lichtblick im Marktcheck: Bio- oder Fairtrade-Produkte können im Einzelfall deutlich günstiger sein als andere Kaffee-Varianten. Eigenmarken sind zudem in der Regel günstiger als Markenprodukte, selbst in Bio- und / oder Fairtrade-Qualität. 250 Gramm Bio-Espresso Pulver einer Handelsmarke wurden zum Beispiel bereits für 14,16 Euro pro Kilogramm angeboten. Zahlreiche, unterschiedliche Siegel und Aussagen bezüglich „Fairness“ machen es allerdings mitunter schwer, eine gut informierte Kaufentscheidung zu treffen. „Die Entscheidung für Produkte des Fairen Handels muss für Verbraucher:innen einfach und durchschaubar sein“, betont Monetti. „Notwendig dafür ist die gesetzliche Definition einheitlicher Kriterien, was genau unter sozial, fair, umweltverträglich und ähnlichen Begriffen zu verstehen ist, damit man seriöse Anbieter besser erkennen kann.“
Preisbeobachtungsstelle nötig für mehr Transparenz
Angesichts der deutlichen Preisunterschiede fordern die Verbraucherschützer eine Reaktion der Politik: „Die Menschen brauchen mehr Transparenz, beispielsweise durch eine Preisbeobachtungsstelle“, sagt Silvia Monetti. „Verbraucher:innen können zwar den Grundpreis vergleichen und so preisbewusst einkaufen. Sie haben jedoch keine Möglichkeit, die Preise selbst zu beeinflussen. Eine Preisbeobachtungsstelle könnte mögliche überhöhte Preise aufzeigen, und staatliche Stellen könnten mit gezielten Maßnahmen darauf reagieren. Davon würden vor allem einkommensschwache Verbraucher:innen profitieren, die prozentual einen deutlich höheren Anteil ihres Nettoeinkommens für die Deckung von Grundbedürfnissen wie Lebensmittel ausgeben.“