Merkel würzt Feier für Reinheitsgebot mit launiger Rede

25.04.2016 - Deutschland

Natürlich wurde im Bierzelt gefeiert. Die 500-Jahr-Feier des Reinheitsgebotes an seinem Ursprungsort Ingolstadt verlegten die deutschen Brauer am Freitag in ein großes Zelt, in den bayerischen Landesfarben weiß und blau geschmückt. In einer Ecke stand eine Plastik-Bavaria mit vielen Maßkrügen in den Händen. Und als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) flankiert von Bierkönigin Marlene Speck und Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ins Zelt kam, klatschten die geladenen Gäste ergeben.

Kaum an ihrem Platz musste die Kanzlerin unter Blitzlichtgewitter auch schon einen Schluck Bier trinken - alkoholfreies, wie Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) verriet. Mit Politik hielt Merkel sich anschließend in ihrer launigen Rede kaum auf. Zwar legte sie ein klares Bekenntnis zum Freihandelsabkommen TTIP ab. Dann aber hatte sie rasch die Lacher auf ihrer Seite, als sie dem Zitat des Reichskanzlers Otto von Bismarck "Es ist ein Grundbedürfnis, beim Bier schlecht über die Regierung zu reden" ihre Worte hinzufügte: "außer wenn es um die bayerische Staatsregierung geht".

Die Seele der Bierbrauer streichelte Merkel mit der Bemerkung, welch große Kreativität die Zunft bei der Verarbeitung von gerade einmal vier Substanzen - Hopfen, Malz, Wasser und Hefe - an den Tag lege. Und sie zitierte Martin Luther, dessen Reformation sich nächstes Jahr ebenfalls zum 500. Mal jährt: "Wer kein Bier hat, hat nichts zu trinken."

Zuvor hatte Aigner betont, dass 500 Jahre Reinheitsgebot die Seele Bayerns berührten. "Bier ist ein Lebensgefühl, das gepflegt und gefeiert werden muss." Und in Anspielung auf das derzeit besonders komplizierte Verhältnis der CSU zur großen Schwester CDU meinte Aigner unter dem Gelächter der Zuhörer an die Adresse Merkels: "Der Bayer ist im Grunde seines Herzens sehr gleichmütig."

Viel gelacht wurde auch, als Brauer-Bund-Chef Hans-Georg Eils mit dem Hinweis auf eine 85-Prozent-Zustimmung der Deutschen zum Bier zur Kanzlerin sagte: "So viel Zuspruch aus dem Volk bekommen Sie heute nicht einmal für eine Steuersenkung."

Eigentlich wollte auch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bei der Feier in seiner Heimatstadt dabei sein. Es wäre interessant zu beobachten gewesen, wie die beiden Vorsitzenden der Unionsschwestern bei der bierseligen Feier miteinander umgehen und ob es vielleicht kleine Sticheleien gegeben hätte. Seit Seehofer die Kanzlerin wegen ihrer Flüchtlingspolitik mehrmals massiv kritisiert hat, gilt das Verhältnis zwischen CSU-Chef und CDU-Vorsitzender als belastet.

Doch eine kurzfristig anberaumte Sonderkonferenz der Länder-Regierungschefs in Berlin verhinderte ein Aufeinandertreffen Seehofers und Merkels in Ingolstadt. So fiel der Name des CSU-Chefs im Bierzelt von Ingolstadt nicht einmal. Allerdings wollten sich beide Parteichefs am Nachmittag in der Hauptstadt treffen.

Kurz und bündig bekannte sich die Braumeisterin der Klosterbrauerei Mallersdorf nahe Straubing, Doris Engelhard, als eine der geladenen Gäste zum Reinheitsgebot: "Für mich gilt es", sagte die deutschlandweit einzige Ordensschwester, die zugleich Braumeisterin ist. Schade findet sie allerdings, dass immer weniger Brauereien in Bayern ihr Bier mit im Freistaat angebauter Braugerste brauen. An die Großbrauereien appellierte die Nonne, bei den Zutaten auf Qualität und nicht nur auf den Preis zu achten.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nutzte das Großaufgebot von Politikern dazu, erneut ein Verbot des Pflanzenschutzmittels Glyphosat zu fordern. Das von der Weltgesundheitsorganisation als wahrscheinlich krebserregend eingestufte Präparat wurde neben anderen Lebensmitteln auch im Bier nachgewiesen. Ihre Forderung bekräftigten einige Aktive vor dem Bierzelt im Dirndl mit mehreren Gläsern Bier in der Hand und einem Großplakat mit dem Slogan "Gemeinsam gegen Glyphosat"./pwo/DP/jha (dpa)

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