Der Streit um Nachtarbeitszuschläge in Branchen wie der Getränke- und Lebensmittelindustrie könnte in den
kommenden Monaten beendet werden. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, kündigte Grundsatzentscheidungen der höchsten deutschen Arbeitsrichter in Erfurt an. Die erste, bei der es um den Getränkekonzern Coca-Cola <US1912161007> gehe, werde voraussichtlich am 22. Februar fallen, sagte Gallner der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
Beantwortet werden solle die Frage, ob unterschiedlich hohe Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Oft deutlich höhere Zuschläge für Arbeitnehmer, die nur selten Nachtarbeit erledigen, sorgen seit Jahren für Auseinandersetzungen in vielen deutschen Unternehmen. "Das wird 2023 eines der großen Themen am Bundesarbeitsgericht", sagte Gallner.
Insgesamt lägen dem Zehnten Senat etwa 400 Verfahren zu diesem Themenkomplex aus sechs verschiedenen Branchen vor. Dazu gehörten unter anderem die Süßwarenindustrie, aber auch Molkereien. "Der Zehnte Senat wird sich jede tarifliche Regelung anschauen und je nach den Vereinbarungen einzeln entscheiden", sagte die Präsidentin. Letztlich geht es dabei um die Bezahlung von Schichtarbeitern - die regelmäßig auch nachts in der Produktion stehen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nach Angaben der Präsidentin dazu bereits Ende 2020 den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Von den europäischen Richtern in Luxemburg habe es jedoch keine Grundsatzentscheidung gegeben. Der EuGH erklärte im Juli 2022, dass die EU-Charta, auf die sich zwei Kläger beriefen, in dieser Auseinandersetzung keine Anwendung finde. Damit sei der Fall keine Frage des europäischen Rechts - und die Entscheidung liegt allein bei den höchsten deutschen Arbeitsrichtern.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte vor einiger Zeit auf tausende Verfahren zur Auslegung von Tarifregelungen mit Arbeitgeberverbänden der Ernährungsindustrie in den verschiedenen Arbeitsgerichtsinstanzen hingewiesen. In einigen Bereichen sollen die Zuschläge bei regelmäßiger Nachtarbeit bei 20 Prozent liegen, bei unregelmäßiger Nachtarbeit jedoch bei 50 Prozent der Stundenvergütung.
Nach Angaben von Gallner sind je nach Tarifvertrag Verhandlungen und Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Höhe von Nachtarbeitszuschlägen im Februar, im März sowie im Juni dieses Jahres zu erwarten./rot/DP/zb (dpa)
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